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Springer-Gegendarstellung"Bild" kennt seinen Papst nicht

Im Papst-Streit zwischen "Bild" und Bildhauer Peter Lenk erzwingt der Künstler eine Gegendarstellung. Lenk ist auch Urheber des Kunstwerks "Friede sei mit Dir" am taz-Gebäude.

Bild (Stuttgart) am 29.4.2010. Bild: ausriss "bild"

BERLIN taz | Der Bildhauer Peter Lenk hat sich erfolgreich gegen eine Berichterstattung der Bild-Zeitung gewehrt. Das Springer-Blatt hatte fälschlicherweise behauptet, eine Skulptur von Lenk, die im Konstanzer Bahnhof ausgestellt werden soll, bilde Papst Benedikt XVI ab. Schlagzeile: "Nackter Papst schockt im Bahnhof".

Lenk, vertreten von dem Berliner Medienanwalt Johannes Eisenberg, setzte am Dienstag durch, dass die Bild-Zeitung sich erpflichtet, die Äußerung nicht mehr zu verbreiten, dafür aber eine Gegendarstellung mit widerrufendem Redaktionsschwanz in der Bild-Stuttgart-Ausgabe vom 5. Mai sowie auf Bild.de, wo sie bereits erschienen ist ("Anmerkung der Redaktion: Peter Lenk hat Recht").

Mit dieser Behauptung, es handele sich um Benedikt, hatte Bild erregte Statements von Baden-Württembergs CDU-Generalsekretär Thomas Strobl ("Das Treiben von Herrn Lenk macht nicht mal vor religiösen Empfindungen halt") und Innenminister Heribert Rech ("Kunst darf sich nicht die Freiheit nehmen, widerwärtig zu werden") hervorgerufen.

Die "widerwärtige" Figur ist Teil von Lenks berühmtestem Werk, der Konstanzer Imperia, und existiert seit 1993, genau wie der für die Ausstellung im Konstanzer Bahnhof vorgesehenen Abguß. Zu dieser Zeit gab es keinen Papst Benedikt, nur (ab April 1993) einen Kardinalbischof Ratzinger. Lenk hat allerdings auch nie verheimlicht, dass die Figur Papst Martin V. nachempfunden ist, der 1417 ins Amt kam - während des Konstanzer Konzils.

Der Künstler war von Bild aber nicht gefragt worden, obwohl das Blatt laut Autorenzeile mit drei Kollegen an der Geschichte recherchierte. Die Figur können weder die dem deutschen Papst bekanntlich eng verbundenen Bild-Kollegen ("Wir sind Papst") noch Baden-Württembergs empörte Spitzenpolitiker richtig angeschaut haben; es ist nicht einmal eine entfernte Ähnlichkeit mit Ratzinger zu erkennen.

Lenk, 62, hatte zuletzt mit zwei Aktionen Aufsehen erregt. Zum einen mit dem Kunstwerk "Friede sei mit Dir" am taz-Gebäude in Berlin, das als Kritik am Journalismusverständnis des Springer-Konzerns und seiner Verlegerin Friede Springer interpretiert wurde. Zum anderen mit einer Skulptur, die den aus Baden-Württemberg stammenden CDU-Bundestagsfraktionsvorsitzenden Volker Kauder im Josephine Baker-Röckchen zeigt.

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13 Kommentare

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  • IN
    Irene Nickel

    "Kunst darf sich nicht die Freiheit nehmen, widerwärtig zu werden", meint Heribert Rech. Warum macht er sich dann nicht dafür stark, all die widerwärtigen Darstellungen von grausamster Gewalt gegen einen Menschen aus Kindergärten und Schulen und aus dem Straßenbild zu entfernen? Wie kann ein fühlender Mensch nur auf den Gedanken kommen, der Anblick eines Kruzifixes wäre etwas für Kinderaugen?

     

    Die religiöse Bedeutung des Kruzifixes macht nichts besser. Im Gegenteil: Erweis von Gottes "Gerechtigkeit" soll dieser Foltertod eines Unschuldigen sein, heißt es in "Gottes Wort", der Bibel, Römer 3,25. Welch widerwärtige Pervertierung des Begriffs der Gerechtigkeit!

  • T
    Th.Meyer

    Heribert Rech : "Kunst darf sich nicht die Freiheit nehmen, widerwärtig zu werden"

    Aber die Kirche schon ??

  • Q
    "anonym"

    Antwort auf "Siegfried Paul Posch" -

    "05.05.2010, 11:07" - auf dem Gästebuch

     

    http://www.graz.at/cms/ziel/340531/DE/

     

    der Stadt Graz

     

     

    Die Odenwaldschule in Hessen (s. "Wikipedia",

    ich zitiere als Mitarbeiter) entschied, daß die

    Kinder n a c k t zu turnen hatten: zweifellos in

    dem Glauben, man ahme damit die Antike nach.

    Wer wenig Erfahrung mit der Nacktheit im

    Turnunterricht hat, kann vielleicht das Gewicht

    der Sache nur sehr schwer beurteilen. Aber,

    nun: gründete nicht die Antike in ganz hohem

    Maß auf der Institution der V e s t a l i n n e n ?

    Gäbe es eine Stelle im ALTEN TESTAMENT und

    eine auslegende im NEUEN TESTAMENT, welche

    erklären könnten, warum die Institution der

    Vestalinnen in der Antike den Staat trug?

  • U
    unischrat

    Laut wikipedia - dürfte hier vertrauenswürdig sein - war Martin V. von 1417–1431 Papst.

  • FR
    FTD Redakteur

    Bild.de?

     

    Ach die Idioten!

    Die arbeiten doch immer nach dem Motto, "Ich habe zwar Null Ahnung, schreibe aber trtozdem mal einen Artikel".

     

    Die Springer Medien sind aber eh abhängig und gehören zerstampft!

  • A
    angélina

    Minister und Sekretär lesen also die Bild - und das schlimmste, sie nehmen sie auch noch für voll. Halleluja.

  • N
    NoNo

    "Kunst darf sich nicht die Freiheit nehmen, widerwärtig zu werden" meinte da der Herr Rech angeblich dazu, sei es so, dann ist wohl dieses Zitat nur noch umzuwandeln in: "Journalismus darf sich nicht die Freiheit nehmen, widerwärtig zu sein". widerwärtig darf dann wohl als irreführend und somit abstoßend verstanden werden. Hoffentlich haben ein paar tausend Menschen den Artikel gelesen sich maßlos trüber aufgeregt nach der Kaffeepause, bei Familienfeiern und nun? bleibt wohl nur noch die Reflexion und die resultierende Erkenntniss, dass mensch sich selbst die 80 cent sparen könnte.

  • S
    schlegel

    Hat die TAZ es wirklich nötig, ihre "Erfolge" über die Bild-Zeitung auch noch mit Schlagzeilen und ohne einen Funken Ironie zu feiern? Herr Diekmann hat doch vorgemacht, wie man so etwas auch subtiler machen kann.

     

    Es wäre auch der Hinweis angebracht gewesen, dass Herr Eisenberg nicht nur ein Berliner Medienanwalt ist, sondern als TAZ-Anwalt auch eine lange Prozeßgschichte mit der Bild aufweist.

  • U
    Uwe

    Gibts schon Bombendrohungen?

     

    Oh sorry falsche Religion...

  • L
    LeGuan

    Sollte jetzt der einzige Erfolg darin bestehen, dass sich die BiLD geirrt hat und es einfach nicht der Papst war, von dem sie dachten, er sei es? - Was wäre denn dann gewesen, wenn tatsächlich mal ein nackter Papst Ratzinger an irgendeinem Bahnhof hinge?

     

    Das sich hier Medien (BiLD) und Politik gegen Kunst wenden, die Religion zum Objekt hat... das ist mir das eigentliche Übel.

  • H
    Haurdrauf

    :D

    Endlich mal wieder der sich gegen die falsche Berichterstattung der Bild Zeitung wehrt.:I

  • B
    brutus

    Wegen der nicht vorhandenen "Ähnlichkeit" - der Künstler arbeitet ja nicht immer genau nach der Vorlage der Natur - siehe eure Fassade (falls das da überhaupt noch hängt)

    ;-)

  • A
    aha

    Hier habt ihr eure Antwort auf euren "Streit der Woche". Noch Fragen? Erbärmlich.