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Sprecherin Söders intervenierte beim BRHallo, hier spricht die CSU

Die Sprecherin Markus Söders (CSU), Ulrike Strauß, hat angeblich beim Bayerischen Rundfunk angerufen und sich beschwert. Jetzt reagierte der BR.

Wen rufen Sie da gerade an, Herr Söder? Bild: dapd

MÜNCHEN/BERLIN afp/dpa | Der Bayerische Rundfunk (BR) hat einem Medienbericht zufolge im März 2011 einen Fernsehbericht über den heutigen Finanzminister Markus Söder (CSU) nach einer Intervention von dessen Sprecherin aus dem Programm genommen. Söders Sprecherin Ulrike Strauß habe bei dem öffentlich-rechtlichen Sender angerufen, um „anzumerken“, dass ein BR-Beitrag „nicht sachgerecht gewesen“ sei, berichtete die Süddeutsche Zeitung am Samstag. Sie zitierte einen weiteren Sprecher des Ministers, Thomas Neumann.

Der Beitrag beschäftigte sich nach SZ-Angaben sechs Tage nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima mit Äußerungen Söders, der damals als Umweltminister amtiert hatte, zur Sicherheit des Atomkraftwerks Isar I. Der BR habe Äußerungen Söders aus der Zeit vor dem Reaktorunglück gezeigt, in denen dieser betont habe, die Anlage sei sicher. Dagegen stellte der Sender den Angaben zufolge eine Äußerung Söders nach dem Unglück, in der er angegeben habe, Isar I sei doch nicht ausreichend gesichert.

Der BR bestätigte dem Bericht zufolge, dass der kritisierte Beitrag am 17. März 2011 in der Frühausgabe der Nachrichtensendung „Rundschau“ gelaufen sei. Dass er später nicht mehr gesendet worden sei, habe allein journalistische Gründe gehabt. Laut SZ rief Strauß zunächst in der Redaktion und dann bei Redaktionsleiter Peter Marder zu Hause an. Dieser habe bestritten, von Strauß unter Druck gesetzt worden zu sein. Neumann antwortete demnach auf die Frage, ob Strauß gefordert habe, den Beitrag zu kippen: „Das kann ich Ihnen nicht sagen.“

Am Donnerstag war CSU-Sprecher Hans Michael Strepp auf eigenen Wunsch hin von seinen Aufgaben entbunden worden. Er hatte am Sonntag nach Angaben des ZDF in der Redaktion der „heute“-Nachrichten angerufen und eine Berichterstattung über die Wahl von Christian Ude zum SPD-Spitzenkandidaten für die bayerische Landtagswahl im Jahr 2013 verhindern wollen. Seither tobt eine Debatte über die Mitgliedschaft von Politikern in den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Sender und über die Verantwortung der CSU-Spitze für den Vorfall.

Die SPD forderte am Freitag den Rückzug der CSU-Spitze aus den ZDF-Gremien. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte der Bild am Sonntag, „die Frage nach der politischen Verantwortung“ sei „mit dem Rücktritt für mich nicht beantwortet“. „Diese politische Verantwortung“ hätten CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt und Parteichef Horst Seehofer. Dobrindt sagte der Zeitung: „Ich hätte diesen Anruf nicht geduldet und hätte ihn untersagt, hätte ich die Gelegenheit dazu gehabt.“ Entsprechend hatte er sich bereits zuvor geäußert.

Der Bayerische Rundfunk wehrt sich gegen den Verdacht, einen kritischen Beitrag auf Intervention einer Ministeriumssprecherin aus dem Programm genommen zu haben. „Unsere Redaktionen entscheiden unabhängig, selbstständig und selbstbewusst entsprechend der Nachrichtenlage und nicht nach anderen Kriterien“, betonte am Samstag der Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens, Sigmund Gottlieb.

„Diese redaktionelle Entscheidung fiel vollkommen unabhängig vom Anruf der Sprecherin des Ministeriums nach den Rundschau-Nachrichten um 16.45 Uhr“, teilte der BR mit. Der monierte Beitrag „war in seiner formalen Aufmachung als Magazin-Beitrag nicht passend für eine klassische Nachrichtensendung. Er wurde spontan eingesetzt, weil kurzfristig zwei andere Beiträge ausgefallen waren.“

Der BR fügte hinzu: „In der folgenden Hauptausgabe um 18.45 Uhr und im Rundschau-Magazin um 21 Uhr wurde der Kurswechsel von Minister Söder unverändert kritisch in Form von Debattenbeiträgen beleuchtet. Die Statements der Oppositionsparteien hatten großes Gewicht in der Berichterstattung.“

Strauß hatte sich nach BR-Angaben zunächst beim CvD der Sendung gemeldet und kritisiert, dass die Bildauswahl im Beitrag nicht rein nachrichtlich war. Sie habe wissen wollen, ob der Beitrag nochmals ausgestrahlt werde. Anschließend habe sie den Redaktionsleiter zu Hause angerufen. Strauß habe dabei nicht gefordert, auf eine Ausstrahlung zu verzichten.

Der Redaktionsleiter der BR-„Rundschau“, Peter Marder, erklärte: „Frau Strauß sagte sinngemäß, man könne ihren Minister in einem solch ernsten Zusammenhang und dazu noch in einer Nachrichtensendung nicht als Eishockey-Spieler verkleidet auf einer Faschingsveranstaltung in Veitshöchheim zeigen. Das sei ein handwerklicher Fehler. Ich hatte den Beitrag nicht gesehen und sagte Frau Strauß, dass ich mich darüber informieren werde. Im übrigen bat ich Frau Strauß, mich künftig nicht mehr Zuhause anzurufen.“

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16 Kommentare

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  • N
    noevil

    Meistens haben diejenigen, die zügig Karriere im herrschenden Filz machen wollen, die Zensurschere bereits im Kopf - und zwar von klein auf. Denen fällt es gar nicht auf, wie weit die Privatzensur bereits die eigene Denkrichtung beeinflusst. Man dreht halt alles solange, bis es in die gewünschte Richtung zeigt und hält es dann auch noch für unabhängig und neutral. Es fallen danach nur noch die Leute auf, die tatsächlich kritisch nachfragen, unabhängig denken und sich auch so äussern. Denen fehlt dann der "Stallgeruch", woraufhin sie umgehend abgelehnt werden..

  • O
    Ott-one

    Ich frage micht entsetzt, wo gibt es denn keine politische Einflußnahme? Nur in UTOPIA!

    Überall, in jedem Grenium sitzen doch die Politiker, im Aufsichtsrat, ehrenamtlich und als Parteiveteran, werden sie doch noch gebraucht, damit nichts aus dem RUDER läuft. So wird das doch schon immer durchgezogen. Was soll jetzt wieder mal die Aufregung, das bringt garnichts!

    Denkt doch nicht immer an die Ex-DDR, obwohl, da gab es doch den Slogen, die Partei, die Partei die hat immer RECHT...So wird es doch auch in der BRD gehalten.

    Da gibt es genug Parteisoldaten, linientreue und Dogmatiker.

    Alles läuft doch auf ein EINHEITSSYSTEM raus!

    Einer hat das SAGEN und alle folgen, auf Linie getrimmt und die FOLGEN will wieder keiner wahr haben!

  • WK
    Walter K

    In bestimmten Regionen Bayerns ist dieses "Einsagen" von oben alltägliche Praxis, es wird auch als solches hingenommen, wie eine Art Tradition. Da schreiben Stadträte Umwelt-, Kultur- oder Ausbildungspreise aus, und die Gewinner sind sie selbst. Da gibt es Kuchen bestimmter Parteien an die Lokalredakteure, die sich dann auch noch damit fotografieren lassen.

    Die Redakteure bedanken sich, indem sie Firmenmitarbeiter mit Parolen wie "Wir wollen keine Betriebsräte", oder "ver.di soll sich raushalten" zur Titelstory erklären. Und als die Vorstandsvorsitzenden eines Konzerns in einer Mitarbeiterzeitung die eigenen Erfolge als Lobbyisten in Brüssel bejubeln, mit denen sie die Arbeit liberalisiert haben, ist kein Redakteur mehr da, der genau diesen Firmenerfolg als Niederlage für Arbeitnehmerrechte beschreibt, mit der ganz konkreten Einführung von Billiglohn über Leiharbeit. Dafür präsentiert sich der Konzern stolz in der Mitarbeiterzeitung auf Seite Eins mit "Unsere Pressearbeit ist spitze".

    Das Problem bei der Bevorzugung der eigenen Klientel ist stets die Benachteiligung einer anderen.

    Ich bin ein gutes Beispiel, gewann selbst einen bundesweiten Innovationswettbewerb, die Unternehmensgründung aber scheiterte, aufgrund von politischen Mobbing, weil ich schon seit je her genau diese Dinge anspreche, inzwischen in HartzIV, dies nun erst recht riskieren kann, siehe: www.xED de

  • RR
    Rolf Richard Steiner

    So schlimm, wie hier verschiedene Foristen schreiben, sind die deutschen FS-Medien nicht, von den privaten Blödsendern mal abgesehen. Die dummbraunen Sprüche einer Hermann oder die Feld-Wald-Wiesen-Logik eines Sarrazin haben die deutschen und die internationalen Medien zu Recht angeprangert. Wir wollen kein Nazi-Revival, es reicht wenn das Teutsche Folk diese Verbrechen duldete und davon profitierte. Ich denke nur, wie die "Arisierung" durchgeführt wurde, als den Profiteuren vor lauter Gier der Geifer aus dem schäbigen Maul tropfte.

  • K
    kroete

    "K(ein)Schwein ruft mich an, k(eine) Sau interessiert sich für mich.... ."

    Da kann ein "Bonsai - Berlusconi" nur von träumen, sämtliche Medien gleichzuschalten, was dann scheinbar hier und dort doch passieren kann.

    Meinungs- und Pressefreiheit gilt auch für den "Musikantenstadlverein".

  • I
    Ich

    Dass der BR schon immer CSU-hörig war und ist, das ist doch nun wirklich nichts Neues. Gut, soll Seehofer aus dem BR einen zweiten Bayernkurier machen; wen juckts? Ich kann mich gut andersweitig informieren.

     

    Aber dass jeder Haushalt per Staatsdekret dazu gezwungen wird für die öffentlich-rechtlichen (no pun intended) Rundfunkanstalten die GEZ Gebühr zu entrichten, um den Bürgern "unabhängige Berichterstattung" zu gewährleisten, dass ist der eigentlich Treppenwitz.

  • DS
    Dry soap

    Bitte die CSU vom Verfassungsschutz beobachten lassen. Was die machen, ist verfassungswidrig.

  • U
    urubah

    Wolle Banane kaufe?

  • SS
    @ Synoptiker

    Jetzt müsste doch ein Aufschrei bei den aus der DDR und aus Ostdeutschland nach Bayern Eingewanderten sein. Dass die CSU Stasi-Gahabe offensichtlich noch bei Weitem übertrifft, war vorauszusehen.

    In Bayern läuft das Leben eben wie geschmiert :-(((((

  • V
    vic

    Politische Einflussnahme im ÖR-Rundfunk.

    Höchste Zeit, dass in dieser trüben Brühe ein paar Fakten nach oben steigen.

    Vielleicht lässt sich daran ja künftig etwas ändern?

    Strauß heißt Söders Sprecherin?

    Der Name ist PProgramm, jedenfalls in Bayern.

  • M
    Mo4711

    Die CSU beschwert sich beim BR?

    Beim Haussender?

     

    Wie jetzt - ein Sack Reis ist in China umgefallen?

     

    Wow - taz berichtet nach Jahrzehnten über das Offensichtliche...

     

    Grüße von der Isarküste

  • VH
    Volker hört die Signale

    Da sehen wohl ein paar ernsthafte Journalisten in den ÖR die Chance gekommen, sich ein bisschen "Beinfreiheit" zu erkämpfen, indem sie öffentlich machen, womit sie sich so rumplagen müssen - die Frage ist, was das bringen soll...

     

    Wer sich mal Tagesschau und/oder heute angesehen hat und glaubt, es gäbe einen substanziellen Unterschied in der Berichterstattung, wenn Merkel und Seehofer selbst sie moderierten, glaubt auch, die deutschen Medien würden neutral über den US-Wahlkampf berichten und die Deutschen deshalb aus gutem Grunde zu 97% hinter ihm stehen.

     

    "Beinfreiheit" bedeutet in Zeiten, in denen es nicht einmal in den Parlamenten mehr eine Opposition gibt, lediglich, dass auch andere Köpfe dieselbe Scheisse in die Mikros rotzen dürfen.

  • S
    Synoptiker

    Das System CSU ist effizienter als es die Stasi-Methoden je waren. Es fußt auf Einflussnahme, politische Gleichschaltung der Bürger, Unterwanderung der Kirche, Vereine, Verbände und des gesamten vorpolitischen Raumes. Karrieren im bürgerlichen Spektrum beschleunigen sich besser bei frühzeitiger CSU-Mitgliedschaft.

    Wie anders ist sonst das satte "mir san mir-Gefühl" zu erklären?

  • K
    Konrad

    Absolut lächerlich, diese ganze "Affäre"...

    selbstverständlich kennen sich Fernsehjournalisten und Pressesprecher persönlich, gehen miteinander essen und beschweren sich natürlich, wenn sie sich ungerecht dargestellt sehen. Das ist ihr Job. Es gibt keine "Affäre Söder". Das ist wiedermal eine Affäre linke Presse sucht intensiv nach Dreck zum werfen!

  • S
    Staats-TV...hahaha

    Da versucht man unbedingt einen Skandalsturm zu entfachen und es brennt und brennt nicht. Ich nehme an als die ARD im Altsedsender RBB einen Einbruch vortäuschte um eine Journalstin mit türkischem Migrationshintergrund auszubremsen als diese "falsch" über Sarrazin berichtete, gab es weder Anrufe noch Absprachen. Als Eva Herman nach Gendermainstreamingwiderspruch medial hingerichtet wurde und man sich am Tag vorher zwecks Choreographie absprach, gab es keinen Anruf. Nun, im HR, WDR, NDR und anderen Sendern sind Anrufe nicht nötig, man weiß was zu berichten ist. Deshalb wechseln die Grünen gerade in BW Personal aus wie verrückt. Der Volksmund spricht in NRW seit jahrzehnten vom "Rotfunk". Insgesammt lockt es eben niemanden hinter dem Ofen hervor wenn das Staatsfernsehen berichtet wie gewünscht. Wenn die CSU mal aus versehen die SPD/Grüne-Hotline erwischt, dann ist es eben so. Wenn ich wissen will was die linke/linksalternative/linksextreme Szene so denkt, dann lese ich die taz. Wenn ich mich langeweile sehe ich ARD/ZDF und lache über deren politisch-korrekte Sendung oder suche zwischen den Zeilen die Botschft. Wenn ich mich informieren will sehe ich mir ein paar schweizer Zeitungen, ein paar US-Zeitungen und Internetblogs an. SZ&CO nur wenn ich wissen will was die alten Kämpfer der Bewegung denken, aber das interessiert mich meist nicht, denn ich weiß es auch so. Manmuß sich ja nur die berichte zu den tausendfachen Morden wie gerade am Alex ansehen um den deutschen Altmedien nichts zu glauben. Das Volk ist meist schlauer als der "Journalist" denkt.

  • B
    Benedetto

    Woher die Empöhrung über diese angeblich außergewöhnlichen Einflussnahmen auf Nachrichteninhalte? Die CSU benutzt die öffentlich-rechtlichen Sender schon seit Jahrzehnten als parteigefällige Flüstertüten. Schon vergessen, das Abschalten des Bayerischen Rundfunks beim "Scheibenwischer" in den 80er Jahren, als die Satiresendung den Main-Donau-Kanal CSU-ungefällig präsentierte? Die Inzucht in dieser Partei wird mit neuem Pressesprecher vom Horsti weiter florieren.