Sprachwissenschaftler über Esperanto: „Man muss kreativ sein“
Cyril Robert Brosch spricht mit seiner Tochter und seinem Sohn zu Hause nur Esperanto. Ein Interview auf Deutsch – und in Esperanto.
Esperanto wurde 1887 von dem Augenarzt Ludwik Lejzer Zamenhof erfunden. Sein Ziel war es, eine leicht erlernbare, neutrale Weltsprache zu kreieren.
taz am wochenende: Herr Brosch, Sie ziehen Ihre Kinder mit einer erfundenen Sprache auf, die nur sehr wenige Menschen auf der Welt sprechen. Wie machen Sie das?
Cyril Robert Brosch: Deutsch sprechen fast hundert Millionen Menschen. Die Zahl der Leute, die Esperanto spricht, geht maximal in die Hunderttausende. Das ist natürlich eine ganz andere materielle Basis, was Literatur und Medien angeht. Da muss man kreativ werden oder die schon vorhandene Kreativität anderer Eltern ausnutzen.
Wie?
Das sind dann vielleicht nicht immer gedruckte Bücher, sondern PDFs von Kinderbüchern, die jemand übersetzt hat. Wenn etwas nicht vorhanden ist, muss man es eben selbst übersetzen. Außerdem gibt es Treffen und Veranstaltungen speziell für esperantosprachige Familien, die ich mit meinen Kindern besuche.
Warum haben Sie sich dazu entschlossen, dass Ihre Kinder mit Esperanto als Muttersprache aufwachsen?
Ich kann das gar nicht so sagen, es gibt keinen zwingenden Grund. Bei vielen anderen Familien ist es ja so, dass die Eltern sich in der Esperanto-Welt kennengelernt haben, Esperanto die Sprache der Partner ist und sie deshalb mit den Kindern auch Esperanto sprechen. In meinem Fall ist das nicht so. Die Mutter meiner Kinder hat nie Esperanto gelernt, kann es aber mittlerweile verstehen.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Mit welchen Sprachen wachsen Ihre Kinder noch auf?
Die Mutter der Kinder spricht mit ihnen Polnisch; wir beide haben miteinander Deutsch gesprochen. Deutsch ist auch die dominierende Sprache der Kinder, einfach auf Grund ihres Umfelds. Spontan verwenden sie hauptsächlich Deutsch, aber wenn sie mit mir zusammen sind, sprechen sie Esperanto. Ich mag die Sprache einfach unheimlich gerne und fand die Idee schön, sie mit meinen Kindern zu sprechen. Ich dachte, ich probiere das einfach mal. Natürlich teile ich auch die innere Idee des Esperanto und ich finde es toll, dass wir auf Esperanto-Treffen Menschen aus aller Welt kennenlernen, aber das war für mich nicht entscheidend.
Verstehen Ihre Kinder die gesellschaftliche Idee, die hinter der Sprache steckt?
Nein, eigentlich nicht. Für die ist das einfach eine der Sprachen, mit der sie aufwachsen. Die erwachsenen Esperanto-Sprecher lernen erst mal die Geschichte und lernen nebenbei dann die Sprache. Das fehlt bei den Kindern. Die haben auch nie gefragt, ob es ein Esperanto-Land gibt.
Wie hat Ihr Umfeld auf diese Entscheidung reagiert?
Meine Familie weiß natürlich, dass ich Esperanto spreche und hatte mich sowieso schon in die Schublade „Sprachennerd“ gesteckt. Also kam das für sie nicht überraschend. Sie haben es, man könnte sagen, mit Verwunderung zur Kenntnis genommen. Negative Kommentare habe ich bis jetzt noch nicht wirklich gehört. Weder von der Familie noch in der Schule oder dem Kindergarten.
***
Cyril Robert Brosch, 39, lingvisto el Berlino, parolas nur Esperanton kun siaj filo (9) kaj filino (5). La lingvo estis inventita en 1887 de la okulkuracisto Ludwik Lejzer Zamenhof. Lia celo estis krei facile lerneblan, neŭtralan mondlingvon.
taz en la semajnfino: Sinjoro Brosch, vi kreskigas viajn infanojn kun artefarita lingvo kiun nur maltemulte da homoj en la mondo parolas. Kiel vi faras tion?
39, Sprachwissenschaftler aus Berlin.
39, lingvisto el Berlino.
Cyril Robert Brosch: Preskaŭ cent millionoj da homoj parolas la germanan, la nombro da esperanto-parolantoj estas maksimume centmiloj. Kompreneble estas tute alia bazo kiam temas pri literaturo aŭ amaskumunikiloj. Vi devas iĝi kreema aŭ uzi la jam ekzistantan kre-emon de aliaj parentoj (gepatroj).
Kiel?
Eble ne ĉiam estas presitaj libroj, sed PDFoj de in-fanlibroj kiujn iu tradukis. Se io ne haveblas, vi mem devas traduki. Ankaŭ ekzistas renkontiĝoj kaj eventoj, speciale por esperantlingvaj familioj, kiujn mi vizitas kun miaj infanoj.
Kial vi decidis ke viaj infanoj kresku kun Esperanto kiel denaska lingvo?
Mi ne vere povas diri tion, ne estas ununura kialo. Ĉe multaj aliaj familioj ja estas tiel, ke la parentoj (gepatroj) renkontis sin en Esperantujo, Esperanto estas lingvo de la partneroj kaj pro tio ili parolas Esperanton kun la infanoj. En mia okazo ne estas tiel. La parentino (patrino) de miaj infanoj neniam lernis Esperanton, sed nuntempe ŝi komprenas ĝin.
Kun kiuj aliaj lingvoj kreskas viaj infanoj?
La parentino (patrino) parolas la polan kun la infanoj; ni parolis en la germana kune. La germana ankaŭ estas la reganta lingvo de la infanoj, simple pro ilia medio. Spontanee ili ĉefe uzas la germanan, sed kiam ili estas kun mi, ili parolas Esperanton. Mi ŝategas la lingvon kaj plaĉis al mi la ideo paroli ĝin kun miaj infanoj. Mi pensis, ke mi simple provu. Kompreneble, mi subtenas la Internan Ideon de Esperanto kaj mi ŝatas ke ni renkontas homojn el la tuta mondo ĉe esperantaj aranĝoj, sed tiu ne estis kerno de mia decido.
Ĉu viaj infanoj komprenas la socian ideon de Esperanto?
Ne, efektive ne. Por ili simple estas unu de la lingvoj kun kiuj ili kreskas. La plenkreskaj Esperantistoj unue scias pri la historio kaj dume lernas la lingvon. Tio mankas al la infanoj. Ili ankaŭ neniam demandis ĉu ekzistas Esperanto-lando.
Kiel reagis via cirkaŭaĵo al via decido?
Mia familio scias ke mi parolas Esperanton kaj jam etikedis min kiel „lingvofrenezulo“. Tial mia decido ne venis kiel surprizo por ili. Ili, oni povus diri, notis ĝin kun miro. Negativajn komentojn mi neniam vere aŭdis. Nek de la familio nek en la lernejo aŭ infanvartejo.
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