piwik no script img

■ SportpolitikThey ever come back

Berlin (taz) – Im Osten nichts Neues. Und im Westen erst recht nicht. Walther Tröger ist wieder Präsident des Nationalen Olympischen Komitees (NOK). Trotz der Berlin-Schlappe in Monte Carlo erhielt der 64jährige, der im Dezember 1992 die Nachfolge von Willi Daume angetreten hatte, von den Delegierten ein einmütiges Votum. Was zu erwarten gewesen war. Keiner hatte gegen Tröger kandidiert.

Spannender war die Frage nach dem Ost-West-Gleichgewicht im höchsten deutschen Sportverband. 1990 garantierte ein Sonderstatus bei der Wiedervereinigung beider deutscher NOKs, daß drei Ostdeutsche als kooptierte Mitglieder im Präsidium ihren Platz fanden. Aber nach drei Jahren sollte die alte Satzung wieder gelten, wonach nur Präsidenten der Fachverbände ins NOK-Präsidum berufen werden können. Zum Präses hat es im Jahre vier des vereinten Sportes noch kein Ostler gebracht.

Was tun? Vorab war die Medienschelte bereits groß: „Beim Nok rumort es hinter den Kulissen gar heftig“ titelte die Frankfurter Rundschau. Der Ärger auch. „Wir waren die einzigen im Sport, die Ostler nicht einfach geschluckt, sondern dank der Kooptierung integriert haben“, schimpfte NOK- Pressereferent Manfred Seeger über die schlechte Presse. Diese dürfte nach der samstäglichen Entscheidung keinen Deut besser ausfallen. Denn der Druck zur Ost- West-Parität führt mitunter zu seltsamem Tun: Tröger und seine neugewählten Stellvertreter Helmut Digel (Deutscher Leichtathletik- Verband), Fritz Wagnerberger (Deutscher Ski-Verband) und Multi-Funktionär Dieter Graf Landesberg-Velen (Deutsche Reiterliche Vereinigung) setzten sich in ihrer ersten Amtstat über die eigenen Satzung hinweg und befanden, daß ein Ostdeutscher als kooptiertes Mitglied ohne Stimmrecht ins Präsidium gehöre.

Immerhin. So schlecht nicht. Aber anscheinend war den Sportfunktionären wieder einmal nur an der Wahrung des äußeren Schein gelegen. „Dadurch ist die Ost-West- Präsenz im Präsidium gewährleistet“, freute sich beispielsweise Ruder-Präsident Henrik Lotz über den seines Erachtens klugen Schachzug. Aber: Erstens ist von Ost-West-Gleichberechtigung keine Spur, wenn vier Wessis in ihren Sesseln thronen und ein Ossi dabei zuschauen darf, aber nichts zu sagen hat.

Und zweitens, daß die Wahl ausgerechnet auf den umstrittenen Zahnmediziner Joachim Weiskopf (64), bis dato NOK-Vizepräsident, fiel, spricht wieder einmal Bände für den Umgang mit der eigenen Vergangenheit. Der langjährige Präsident des DDR-Kanuverbandes hatte die Verfolgung namhafter Sportler wegen ihrer Westkontakte geduldet oder selbst betrieben. Bereits 1990 bezeichnete der Spiegel Weiskopf als „DDR- Altlast“, als „Erfüllungsgehilfen der Staaatsführung.“ Daß die Sportführung die politische Vergangenheit des Leipziger Professors „allenfalls als läßliche Jugendsünden werten, hat in Deutschland Tradition“.

They ever come back. „Ich finde das sehr bedauerlich, was im NOK läuft“, sagt Andreas Decker, Vizepräsident des Deutschen Sport- Bundes (DSB) und sächsischer Landessportbund-Vorsitzender, drei Jahre später. Bei festem Willen fände man doch auch geeignete Ost-Funktionäre. Aber der deutsche Sport käme gar nicht zu Strukturreformen: „Heute Stasi, morgen Doping – aber keine gravierenden Einschnitte.“

Im Ost-Westen nichts Neues.coh

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen