Sportbekleidung: Handballerin darf mit Kopftuch spielen
Die Mädchenmannschaft des Wuppertaler SV erkämpft beim Handballverband das Recht, mit Kopftuch zu spielen. Ein Schiedsrichter hatte sie zunächst vom Platz gestellt.
WUPPERTAL taz Vor zwei Wochen kam es bei einem Handballturnier in Düsseldorf zum Eklat. Die Mädchenmannschaft des Wuppertaler SV (WSV) spielte gegen die Gastgeber aus der Landeshauptstadt. Nach wenigen Minuten wurde Iman Keshk eingewechselt. Die 15-jährige gebürtige Wuppertalerin trug unter ihrem Stirnband ein Tuch, das sie mit ihren Haaren am Hinterkopf zu einem Dutt zusammengebunden hatte. Kurz darauf stellte der Schiedsrichter das Mädchen vom Feld. Seine Begründung: Für ihn sei die Bedeckung des Haupthaares eine regelwidrige Kleidung. Trotz Protest seitens der Wuppertaler blieb der Schiri bei seiner Entscheidung. Daraufhin reiste der WSV ab. Jugendtrainer Christoph Luhn beschwerte sich beim Handballverband Niederrhein. Aus dem lokalen Ereignis ist inzwischen ein internationales Problem erwachsen. Darf Iman mit ihrer Kopfbedeckung Handball spielen? Am vergangenen Freitag entschied der Deutsche Handballverband (DHV) nach Rücksprache mit der Internationalen Handballföderation (IHF), erteilte der jungen Deutschen eine vorläufige Genehmigung, mit ebendiesem Tuch zu spielen.
"Die Rechtslage ist kompliziert", sagt Reiner Witte, Vizepräsident des DHV und zuständig für juristische Fragen im Verband. Ein Schiedsrichter dürfe keine Kleidung auf dem Platz dulden, die eine Gesundheitsgefahr für die Spieler darstellen. Zunächst sei die Begründung des Schiedsrichters schlüssig gewesen. Man sei aber zu dem Ergebnis gekommen, dass das von dem Mädchen benutzte Tuch nicht gefährlich sei. "Wo aber ist die Grenze? Werden wir bald mit Pudelmütze, Frack oder Zylinder spielen?", fragt Witte. Vergleichbare Probleme könne er sich in der Fußballbundesliga nicht vorstellen. "Im Frauenfußball stellt sich diese Frage mit Sicherheit nicht." Der Rechtsanwalt gibt zu bedenken, dass es beim Handball im Ländervergleich sehr unterschiedliche Regeln gibt. In Dänemark und Schweden seien Kopftücher grundsätzlich verboten. Bei einem Länderspiel zwischen Iran und Korea hingegen seien die Iranerinnen mit Kopftuch und langen Trikots angetreten, ohne dass dies zu Problemen geführt habe. Abschließend müsse sicherlich die IHF entscheiden, was erlaubt ist. Jetzt muss auf internationaler Ebene über den Kampf der Kulturen entschieden werden.
Christoph Luhn vom Wuppertaler SV sieht das Problem nicht ganz so grundsätzlich. Für ihn war die Entscheidung reine Schikane. Verletzungsgefährliche Haarklammern und Piercings werden inzwischen abgeklebt. Unterm Trikot versteckter Körperschmuck werde von den Unparteiischen überhaupt nicht entdeckt. Von den paar Quadratzentimetern Textil seiner Spielerin gehe bei weitem nicht so eine Gefahr aus wie von einem Zungenpiercing, das völlig legal während des Spiels im Mund bleiben darf. Am Samstag durfte Iman Keshk nach zwei Wochen Zwangspause wieder mitspielen und warf gegen den Neusser HV gleich zwei Tore. Nicht nur das Mädchen mit dem deutschen Pass, auch ihr ägyptischer Vater und ihre deutsche Mutter haben sich über den Erfolg ihrer Tochter gefreut.
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