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Spitzenspiel der Männer-BundesligaDicke Kuchenfreunde

Das Verhältnis zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern ist harmonisch geworden. Man streitet nur so, wie es wirtschaftlich sinnvoll ist.

Karl-Heinz Rummenigge und Hans-Joachim Watzke Arm im Arm nach dem Supercup-Finale im August Foto: imago/Action Pictures

Nach Jahren der gegenseitigen Provokationen und Hakeleien, haben die Bayern und der BVB sich zu einer nationalen Allianz der Superreichen zusammengefunden. Am Samstagmittag wollen die Klubführungen um Münchens Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge und den Dortmunder Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gemeinsam essen. Und sie werden wohl auch darauf anstoßen, dass die besonders traditionsreichen Klubs mit großen Fangemeinschaften und guten Einschaltquoten im Bezahlfernsehen künftig ein dickeres Stück vom Kuchen bekommen.

Die zweite Liga soll dagegen weniger als die bisherigen 20 Prozent aus dem Topf der nationalen TV-Einnahmen erhalten, wie der Kicker berichtete. Auf diese Entscheidung spielte wohl BVB und DFL-Präsident Reinhard Rauball an, als er zur neuen Harmonie zwischen Bayern und Dortmund jüngst erklärte: „Der Lauf der Zeit wird zu lehrreichen Erkenntnissen geführt haben, auch und gerade im persönlichen und zwischenmenschlichen Bereich.“

Das könne „im Sinne von gemeinsamen Überlegungen und gemeinsamen Mehrheiten zu mehr Ertrag führen“. Wobei ein Sprecher der DFL die Behauptungen die angeblichen Kürzungspläne für die Zweitligisten dementierte: „Die Darstellung entbehrt jeder Grundlage. Sie entspricht weder in der grundsätzlichen Ausrichtung noch in Details den Tatsachen.“

Auf dem Rasen wird es während des in über 200 Länder übertragenen Duells am Samstag (18.30 Uhr, Sky) der Fußballgiganten sicher weniger friedlich zugehen, aber vielen BVB-Fans dürfte die neue Harmonie missfallen. Schließlich wurden sie jahrelang von ihrer Klubführung unterstützt, wenn sie ihr Selbstbild konstruierten. Der BVB inszenierte sich als volksnäher, innovativer, authentischer und leidenschaftlicher. Als Klub der jenseits aller finanziellen Interessen moralisch irgendwie überlegen ist.

Dortmunder Kopiervorwurf

Immer schürten die Dortmunder den Verdacht, dass der FC Bayern mit Avancen an Spieler wie Mario Götze, Robert Lewandowski oder Mats Hummels nicht nur die eigene Qualität steigern, sondern ganz bewusst auch die Erfolgsmannschaft des ärgsten Konkurrenten zerschlagen wollte. Der ehemalige Trainer Jürgen Klopp warf seinem damaligen Münchner Kollegen Jupp Heynckes einst vor, Elemente des BVB-Fußballs zu kopieren, „wie es die Chinesen in der Industrie machen“.

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2014 sprach Watzke von „tiefgründiger Disharmonie“, die das Verhältnis der Konkurrenten präge, und in einer Mitteilung auf der Vereinshomepage berichtete er von einer „gewissen Verärgerung“ über den Rummenigge. Der hatte behauptet, es gebe im Vertrag des BVB mit Marco Reus eine Ausstiegsklausel.

Man begegnete sich in tiefer gegenseitiger Abneigung, und bis heute ist nicht ganz klar, ob die Nachricht von Mario Götzes Wechsel zum FC Bayern absichtlich aus München lanciert wurde, um den Revierklub einen Tag vor einem Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid in einen Zustand hysterischer Aufregung zu versetzen. Den vorläufig letzten Höhepunkt erlebte die gegenseitige Antipathie, als der designierte Bayern-Präsident Uli Hoeneß im Frühjahr rund um den Transfer von Mats Hummels den Eindruck erweckte, der Spieler habe sich den Münchnern in einer Art Initiativbewerbung angeboten.

Es gab jede Menge Debattenstoff, und der Wirtschaftswissenschaftler Sebastian Uhrich, der an der Kölner Sporthochschule zum Thema Rivalitäten forscht, sagt: „Wir haben den Eindruck, dass diese Konflikte zum Teil auch ein bisschen gewollt waren.“

Kontroversen erzeugen Aufmerksamkeit

Natürlich spielen die Affekte und Emotionen der Protagonisten immer mit, aber die verstärkte Intensität, die sich mit der Konfliktfreude auslösen lässt, ist nicht unerwünscht. Profile werden geschärft, leidenschaftlich geführte Kontroversen erzeugen weltweite Aufmerksamkeit, man muss nur an die Dauerfehde der berühmten Trainer José Mourinho und Pep Guardiola denken.

„Prinzipiell sind wir eher Befürworter davon, solche Auseinandersetzungen ein wenig anzuheizen und am Leben zu halten“, sagt Uhrich, „deswegen sollte man mit der Friede-Freude-Eierkuchen-Strategie nicht allzu stark vorpreschen.“ Zumal der „German Clasico“ im Gegensatz zu vielen Lokalderbys den Vorteil hat, dass die Fans nicht dazu neigen, sich zu prügeln.

Doch die Dortmunder und die Münchner sind in wirtschaftlichen Fragen eben hochprofessionelle Pragmatiker, und im Moment lohnt sich die Durchsetzung gemeinsamer Interessen deutlich mehr.

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