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Spitzenpersonal der PiratenKatharina Nocun verabschiedet sich

Die politische Geschäftsführerin der Piraten kündigt ihren Rückzug an. Nocun kann sich die unbezahlte Arbeit nicht leisten. Ähnlich geht es Marina Weisband.

Nach einem halben Jahr ist Schluss: Katharina Nocun, politische Geshäftsführerin der Piratenpartei. Bild: dpa

BERLIN taz | Wenn die Basis der Piratenpartei am letzten Novemberwochenende zum Bundesparteitag nach Bremen reist, geht es um einiges: Die Partei steckt nach ihrem desaströsen Abschneiden bei der Bundestagswahl in der Krise – gesucht wird ein neuer Bundesvorstand, der die niedergeschlagene Partei bis zur Europawahl im Frühjahr 2014 wieder in Schwung bringt. Parteichef Bernd Schlömer hat bereits seinen Rückzug angekündigt.

Nun wird sich auch eine der wichtigsten Spitzenfrauen der Partei nach nur einem halben Jahr aus der ersten Reihe verabschieden. „Ich kann mir die Arbeit im Bundesvorstand unter den aktuellen Umständen leider gerade nicht mehr leisten“, sagte die Politische Geschäftsführerin, Katharina Nocun, der taz.

Sie wolle stattdessen zunächst ihre Masterarbeit an der Universität Hamburg schreiben, kündigte die 27-jährige Netzaktivistin an. Mit der zeitaufwändigen, ehrenamtlichen Vorstandsarbeit lasse sich das nicht kombinieren. Nocun appellierte an ihre Partei, die Bundesvorstände künftig „unbedingt“ für deren Arbeit zu bezahlen.

Auch die ehemalige Politische Geschäftsführerin der Piraten, Marina Weisband, macht sich für eine faire Bezahlung des Parteivorstands stark. Zu den Spekulationen um ihre Rückkehr an die Parteispitze sagte die Piratin: „Ich kann mir die Arbeit im Bundesvorstand im Moment nicht leisten.“ Für den nächsten Bundesvorstand könne sie nur kandidieren, wenn sie eine gut bezahlte Halbtagsstelle finde. Das sei ihr bisher nicht gelungen: „Es kann immer noch alles passieren, aber es sieht im Moment nicht danach aus.“

Nach Einschätzung Weisbands ist die ehrenamtliche Arbeit im Parteivorstand der Piraten zur Zeit nicht attraktiv genug. „Es hat im Moment keiner Lust“, sagte Weisband. Die Vorstände müssten extrem viel Zeit aufbringen, hätten aber wenig Gestaltungsfreiheit. Außerdem habe man „keine motivierte Partei, die hinter einem steht, sondern eine in sich zerstrittene und mäkelige“.

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9 Kommentare

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  • "Nocun wurde in Polen geboren und kam im Alter von drei Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland.[2] Ihre Mutter ist Datenbankadministratorin, ihr Vater IT-Projektmanager. Nach dem Abitur 2006 am Konrad-Duden-Gymnasium in Wesel studierte sie zunächst Politik und Wirtschaft an der Universität Münster und anschließend Politics, Economics and Philosophy an der Universität Hamburg.[3] Sie hat einen Bachelor of Arts, ihre Bachelorarbeit schrieb sie über das Thema LiquidFeedback. Bis Dezember 2012 war sie beruflich als Referentin für digitale Verbraucherrechte beim Verbraucherzentrale Bundesverband im Projekt „Surfer haben Rechte“ beschäftigt. Derzeit arbeitet sie als Redakteurin bei netzwelt und absolviert ein Teilzeitstudium in Wirtschaftsinformatik. Sie wohnt auf einem Bauernhof in Dissen am Teutoburger Wald."

     

    Quelle Wikipedia.

     

    Sehe ich jetzt nicht direkt als vom Hunger bedroht an.

  • MR
    Mertin Rieth

    Ich will weg von der Obrigkeitshörigen Chef-Mentalität.

    Alle wollen den Chefs Gehälter geben und die Leute, die Plakate aufhängen, oder die Server betreuen sind die ignorierten Niedriglöhner. Wenn aber die IT aufhört zu arbeiten, fällt die Partei allemal härter auf die Schnauze, als wenn Personen den Vorstand verlassen, denn da gibt es sogar ohne Gehalt immernoch Personen die den Job haben wollen und sich bewerben um sich dann von der Basis

    oder der Presse beschimpfen zu lassen etc.

     

    Das Argument, wenn wir nicht genug bezahlen, kriegen wir nicht die Besten, ist EXAKT die Begründung, mit der die riesen Gehälter Vorstände der maroden Banken (z.B. HRE - Bonus-Zahlungen) Bahn, etc. begründet werden.

     

    Aus diesem Grund, habe ich vor Jahren folgenden Vorschlag gemacht:

    -------

    ALLE Personen (die wollen) können ihre geleisteten Stunden dem BuVo angeben (bestätitgt durch eine Vostandsitzung des entsprechenden Gremium (KV, LaVo, etc.)

    Ab einer Mindestschwelle von zum Beispiel (willkürlich) 100h/Jahr wird gezählt.

    Innerhalb der Partei wird eine Gesamtsumme festgelegt, die die Partei bereit ist für Gehälter zu bezahlen.

     

    Rechenbeispiel:

    Die Partei ist bereit 100.000 Euro/Jahr für Gehälter auszugeben. Wenn sich nun

    1000 Personen melden, die zusammen 200.000h/Jahr gearbeitet haben (also jeder

    mindestens 100 unbezahlte)+x) ist die geleistete Stunde 1 Euro wert.

    Eine volle Stelle (also 40h/Woche) entspricht ca. 1300h/Jahr

    Wenn der BuVo-GF dann tatsächlich 1300h/Jahr arbeitet, können wir 1200Euro/Jahr an 83 Leute auszahlen.

    --------

     

    Für solch eine REALE Entlohnung wäre ich sofort und wäre auch bereit in die Partei einzuzahlen.

    Ein weiteres obrigkeitshöriges Chef-Arsch-Bezahl-System werde ich eher mit einem Austritt quittieren.

     

    Ich sach 42, Martin Rieth

  • L
    lololo

    a) Die Befürchtung das sich bezahl Politiker entwickeln bei denen nur die Bezahlung Triebfeder ist.

  • Gut, diese Nerd-Partei braucht sowieso niemand.

  • Wen die Nerds waehlen, es sieht immer sehr aehnlich aus. Die Message ist leider noch immer sehr unpraezise. Das zeigt auch der Streit mit dem etwas industrielastigen angeblichen "Buendnis fuer Kultur", das in der SPD um Einfluss kaempft, ohne dass die Unterschiede zur CSU noch klar waeren. Mit einfacher Polemik ohne genaues Ziel und klare Inhalte ist es nicht getan. Die Piraten sind eben eher keine Partei, sondern nur ein Computerprogramm mit Usern. Ein wirkliches Gespraech in Echtzeit face to face findet auch bei ihnen nicht mehr statt.

  • Nocun und Weisband brauchen die Piraten. Was ist denn so schwierig, wenn man den Vorstand bezahlt?

    • H
      Humanist
      @Volker Birk:

      - "Was ist denn so schwierig, wenn man den Vorstand bezahlt?"

       

      - Es fehlt das Geld vielleicht?

      Bei einem Mitgliedsbeitrag von im Vergleich zu anderen Parteien konkurrenzlosen 4€ im Monat und sogar 1€ für Geringverdiener (weil man möglichst viele Bürger beteiligen möchte), sowie einer mikrigen Wahlkampfkostenerstattung einer 2,2% Partei sowie dem kritischen Blick und die Ablehnung von korruptionsverdächtigen Einzel- und Konzerngroßspenden al la CdU-fDP-sPD. Bleib nicht mehr viel übrig, wenn man davon noch auf Bundesebene 2 Mal im Jahr einen Parteitag veranstaltet, auf dem allein bis jetzt nur die Beschlüsse rechtskräftig verabschiedet werden dürfen!.

       

      Da habe ich die Lösungsansätze von einigen freiwilligen Piratenspendern in der Tat als akzeptablen Kompromiss gefunden, die Johannes Ponader, auch ehemals Pol-Geschäftsführer der Piraten, durch freiwillige Spenden (die Ponader NICHT von sich aus angefordert und auch durch den Medienrummel und Hetzkampagne NIE angerührt hatte), um ihn in die Lage zu versetzen nicht mehr Hartz4 beziehen zu müssen, und trotzdem sein mikriges Dasein als Vollzeit Piraten Pol-GF ohne Bezahlung zu finanzieren.

       

      Die Leute schreien immer schnell auf, aber wenn sie sich mal die Mühe machen würden hinter die Medienfassaaden zu blicken, dann würden sie auch einmal feststellen, welcher Rattenschwanz von Bedingungen noch hinten dran hängt!

    • I
      Ingo
      @Volker Birk:

      Schwierig ist nur, dass das Geld irgendwo herkommen muss. Schaut man sich die auf der Webseite verfuegbaren Informationen zu den Finanzen der Partei an, sieht es damit nicht so gut aus. Laut Rechenschaftsbericht blieben im Jahr 2011 gut 350000 Euro ueber. Das haette also moeglicherweise gereicht, um den Vorstand zu bezahlen. Fuer 2012 mussten 87000 Euro staatlicher Mittel zurueckgezahlt werden, was wohl auf einen Rueckgang der Einnahmen durch Mitgliedsbeitraege und Spenden zurueckzufuehren sein duerfte. Dass da also noch ein ausreichender Ueberschuss blieb, laesst sich bezweifeln. 2013 duerfte es wohl kaum besser ausgesehen haben, insbesondere in Anbetracht des Bundestagswahlkampfs.

       

      Ansonsten stimme ich voll zu, dass es noetig ist, wichtige (und zeitlich aufwendige) Aemter zu bezahlen.

      • @Ingo:

        Mein Gott, wenn von den vielen gut bezahlten Landtagsabgeordneten jeder nur ein paar Hundert Euro abgeben würde, dann müsste man doch für einen Bundesgeschäftsführer mindestens eine Entlohnung in Höhe des Existenzminimums hinbekommen?

        Aus dem Theater um Herrn Pomader, der vom Jobcenter und der empörten Öffentlichkeit gezwungen wurde, Hart4 aufzugeben und dem anschließend auch noch übel genommen wurde, weil er stattdessen Spenden annehmen wollte, hätte man doch lernen müssen. Was sollen all die widerlichen Neiddebatten, wenn es anders als bei den gut bezahlten Landtagsabgeordneten bei den Vollzeit-Parteiämtern nur um eine Grundsicherung der Existenz geht. Jeder Erwerbstätige kann aufstockend Hartz4 beziehen. Beim Fall Pomader hat sich aber gezeigt, dass dies bei unbezahlten Vollzeit-Parteiämtern eben nicht geht. Will man wirklich nur noch Beamte, Rentner, reiche Erben oder gutsituierte Zahhnarztgattinnen an der Parteispitze?

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