Spitzenfußballerin Marta: Rückkehr in die zweite Heimat
Der Stockholmer Vorstadtklub Tyresö FF gewinnt das Werben um die weltbeste Spielerin Marta. Das bringt Schwedens Frauenliga neue Attraktivität.
STOCKHOLM taz | Die Stimme versagte, die Tränen rannen, als Marta Viera da Silva den Zettel mit der vorbereiteten Erklärung zur Seite legte und persönlich wurde: "Ich fühle mich so wohl hier. Ich habe Schweden so viel zu verdanken und es ist meine zweite Heimat geworden."
Am Mittwochnachmittag wurde bei einer Pressekonferenz in einem Kino im Stockholmer Vorort Tyresö offiziell, wo die brasilianische Spitzenfußballerin Marta nach der Einstellung des Spielbetriebs in der nordamerikanischen Frauenprofiliga WPS ihre Karriere fortsetzen wird: in Schweden, bei Tyresö FF und in einem gelben Trikot mit der Nummer 100. "Die Nummer 10 war schon durch eine Mitspielerin besetzt", meinte Marta: "Aber 100 passt auch, denn ich will 100 Prozent geben."
Es ist wohl eine Mischung aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen, dass sich die fünffache Weltfußballerin Marta für den schwedischen Hauptstadtklub entschieden hat. Neben ihrer Landsfrau Elaine trifft sie in Tyresö gleich auf fünf weitere alte Bekannte aus den Zeiten im nordschwedischen Umeå, wo die 18-jährige 2004 ihre internationale Karriere begonnen hatte. Warum es denn nicht der alte Klub wurde, den sie 2008 Richtung USA und Los Angeles verlassen hatte? "Ich habe kein richtiges Angebot von Umeå bekommen", meint Marta.
"Klub der Brieftaschen"
Umeå konnte wohl ähnlich wie andere schwedische Spitzenklubs bei den Finanzen nicht mithalten. Obwohl die 26-Jährige nun wohl auch bei Tyresö deutlich kleinere Brötchen backen muss als zuletzt bei Western New York Flash, wo sie dem Vernehmen nach einen monatlichen Nettolohn von über 50.000 Euro hatte.
Lange gab es Gerüchte, Marta verhandle mit mehreren russischen Vereinen und sie fordere rund eine Million Dollar pro Saison. Zahlen nennt Tyresö FF jetzt nicht und Medien munkeln von umgerechnet über 100.000 Euro jährlich. Was deutlich mehr wäre, als die rund 3.500 Euro, mit denen Spitzenverdienerinnen in der Liga "Damallsvenskan" monatlich bisher allenfalls rechnen konnten.
Tyresö FF gilt als "Klub der Brieftaschen" mit einer Reihe zahlungskräftiger Sponsoren und ehrgeizigen Zielen. Erst 2010 in die "Damallsvenskan" aufgestiegen, spielte der Klub in der vergangenen Saison ganz lange an der Spitze mit und wurde dann Vierter. In dieser Saison ist die Meisterschaft das Ziel.
Mit einem Team, das vor der im April beginnenden Saison neben Marta nicht nur mit Nationalspielerinnen wie Lisa Dahlvist, Caroline Seger und Linda Sembrandt verstärkt worden ist, sondern auch mit dem spanischen Stürmerstar Veronica Boquete - 2011 zur "Spielerin des Jahres" der US-Profiliga gewählt -, ist der Stockholmer Verein nun klarer Favorit für den Titel.
Die schwedische Frauenliga kann neue Attraktionskraft dringend gebrauchen. Vor einigen Jahren noch als weltweit stärkste Liga gehandelt, sackten die schwedischen Klub nach dem Verlust vieler Spitzenspielerinnen an ausländische Ligen im europäischen Vereins-Wettbewerb ab. Nationaltrainer Thomas Dennerby erklärte, für den Status des Frauenfußballs im ganzen Land sei es ein Gewinn, wenn "die größte Warenmarke", die dieser Sport zu bieten hat, wieder in Schweden spiele.
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