Spitzelprogramme und Nerdhumor: Spaß am Spähen
„Techno Viking“, „Arson Sam“ und „Predators Face“: Die Werkzeug-Namen des britischen Geheimdienstes strotzen vor albernen Referenzen.

Vorbei die Zeiten, in denen Spitzel Grauanzugträger ohne Humor waren – jetzt hat die Generation der Geeks und Nerds den britischen Geheimdienst GCHQ unterwandert und bespaßt den Laden mit ihrem verschwiemelten Internet-Humor.
So gab man seinen Programmen und Werkzeugen zum Frisieren von Online-Abstimmungen, Astroturfing und Zensieren von Inhalten einfach ein paar heitere Namen aus Pop- und Netzkultur – wie die jüngsten Enthüllungen des Journalisten Glenn Greenwald belegen.
Eine Software für den Informationszugang? Nennt man einfach „Techno Viking“ – nach diesem albernen Internetvideo, das ein ravendes Muskelpaket auf der Berliner Fuckparade 2000 zeigt. Vor wenigen Monaten machte es im Netz die Runde und wurde millionenfach angesehen, nachdem es jemand mit albernen Untertiteln versehen hatte.
„Arson Sam“ (Brandstifter Sam) tauften die Geheimdienstler eines ihrer Mobilfunk-Werkzeuge – eine Reverenz an ein YouTube-Phänomen, das eine Kinderserie über einen Feuerwehrmann rückwärts abspielte, sodass aus dem Löschzug eine Brandstiftercrew wurde.
Gezielte Denial-of-Service-Attacken gegen Webserver heißen bei den britischen Geheimdienstlern „Predators Face“, nach den Kino-Urzeitmonstern, Datensammlungen aus sozialen Netzwerken in Anlehung an Mafia-Filme „Godfather“ und „Goodfella“.
Andere Namen verweisen auf trashige Chuck-Norris-Filme („Forest Warrior“), auf Technik aus der Sci-Fi-Serie „Star Trek“ („Photon Torpedo“). Oder die Geheimdienstler bedienten sich Slang-Ausdrücken wie „Swamp Donkey“, eines umgangssprachlichen Ausdrucks für hässliche Frauen, die in Clubs auf Männer warten, die zu betrunken sind, um sie abzuweisen. So hat man also auch im Geheimdienst offenbar Spaß im Job.
Und das wirkt auch alles schön harmlos und flauschig. Was all diese Werkzeuge natürlich mitnichten harmloser macht. Und leider auch demonstriert: Nur weil in den Diensten nun Leute sitzen, die das Internet und dessen Humor verstehen, bedeutet das noch lange nicht, dass sie die Kommunikation und das Leben anderer vor den neugierigen Augen der Geheimdienste auch nur ein Jota besser abschirmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Palästina-Hilfsschiff vor Gaza gestoppt
Israel fischt Thunberg aus dem Meer
Solidaritäts-Aktion gegen Hungersnot
Keine Ankunft in Gaza
Vom Umgang mir roten Ampeln
Strammstehen an der Bordsteinkante
Protest gegen Abschiebungen aus den USA
Demonstranten lassen nicht locker
Einsatz der Nationalgarde in Los Angeles
Trump forciert den Notstand
Fahrradfeindlicher Nahverkehr
Mein Fahrradproblem und was die Öffis damit zu tun haben