: Spitzeldienste vorm Bundestag
■ Bundesregierung soll sich zu Methoden der Bremer Werbeagentur Wächter äußern / PR-Chef Wächter: „Bundestag interessiert mich nicht“
Die Praktiken der Bremer Werbeagentur „Wächter Industrie und Wirtschaftswerbung GmbH“ werden Gegenstand einer Anfrage im Bundestag. Darin wollen die Grünen unter anderem wissen, was die Bundesregierung von den Vorschlägen der Bremer Agentur hält, Umweltschützer und Bürgerinitiativen in privaten Info-Dateien zu erfassen. Wörtlich heißt es in der Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Bärbel Rust: „Wie schätzt die Bundesregierung die quasi staatlichen Aktivitäten (Aufbau von Info-Datei, Bespitzelung von Bürgerinitiativen) im Angebot der Werbeagentur Wächter an die Texaco ein?“
Bärbel Rust und der Bremer Ex-MdB Jo Müller hatten vor drei Wochen Auszüge eines ihnen zugespielten PR-Konzepts veröffentlicht, das die Agentur Wäch
ter für den Mineralölkonzern Texaco entwickelt hat. (vgl. taz v. 9.6.) Das Konzept, das für mehr „Bevölkerungs -Akzeptanz“ einer von Texaco im Wattenmeer geplanten Ölbohrinsel sorgen soll, sah neben üblichen PR-Aktionen wie Presse-Information, Anzeigenkampagnen und Mitmach aktionen für die Anwohner auch eine „Datei zur Beobachtung und Auswertung der Absichten von Gegnern (Mitglieder, aktiv Verantwortliche, Aufbau, Geldquellen)“ vor. Außerdem bot Wächter beispielsweise die organisierte „Schelte“ kritischer Journalisten an und schlug die Anlage eines „Doppelschutzringes“ für die Bohrinsel gegen eventuelle Aktionen von Greenpeace und anderen Naturschutz -Organisationen vor. Ausdrücklich berief Wächter sich dabei auf die Erfolge seiner Agentur bei PR-Aktionen zur
Durchsetzung des AKW Brokdorf.
Wächter-Geschäftsführer Erich Wächter gestern gegenüber der taz zu der Bundestagsanfrage der Grünen: „Interessiert mich überhaupt nicht, ich habe nämlich ein reines Gewissen. Von mir aus soll der Datenschutzbeauftragte ruhig kommen. Bei uns wird er keine Info-Datei mit personenbezogenen Daten finden.“
Tatsächlich wird sich neben der Bundesregierung vermutlich auch der Datenschutz-Ausschuß der Bremer Bürgerschaft mit den Methoden der Firma Wächter beschäftigen müssen. Einen entsprechenden Vorstoß kündigte der grüne Martin Thomas an. Gleichzeitig forderte Thomas den Datenschutzbeauftragten Alfred Büllesbach auf, die Aktivitäten der Firma Wächter zu überprüfen.
K.S.
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