Spekulationen um kranken Hugo Chávez: "Schlacht um seine Gesundheit"
Seit Anfang Juni wird der Präsident Venezuelas medizinisch auf Kuba behandelt. Ein US-Bericht und die Geheimniskrämerei der Regierung sorgen jedoch für Gerüchte.
PORTO ALEGRE taz | Seit diesem Wochenende macht der Gesundheitszustand von Hugo Chávez auch international Schlagzeilen. Auslöser waren ein Bericht der spanischsprachigen Tageszeitung El Nuevo Herald aus Miami und ein Auftritt des venezolanischen Außenministers Nicolás Maduro.
Präsident Chávez befindet sich seit dem 8. Juni in ärztlicher Behandlung auf Kuba und die gewohnt restriktive Informationspolitik der Regierungen in Havanna und Caracas befeuert die Spekulationen.
Zunächst war von einer Knieoperation und von einem Eingriff wegen eines Abszesses im Beckenbereich die Rede. Dazu gab es eine kurze telefonische Erklärung von Chávez sowie Fotos mit Fidel und Raúl Castro.
Erst am Freitag meldete sich der Kranke nach langer Sendepause über Twitter zurück. "Heute ist der Tag meines Heeres", schrieb er in Anspielung auf die letzte siegreiche Schlacht der Unabhängigkeitskriege gegen Spanien 1821, "eine riesige Umarmung an meine Soldaten und an mein geliebtes Volk." Kurz darauf fügte er hinzu: "Wir sind dabei zu siegen. Und wir werden siegen" - die einzige Passage, die sich als Hinweis auf seinen eigenen Zustand deuten ließe.
Keine Verweise auf eine baldige Rückkehr
Als Maduro am Freitagabend am Rande eines Treffens der Südamerikaunion Unasur vor die Presse trat, war die Verwirrung komplett. Anstatt wie sonst auf die Genesung oder die baldige Rückkehr des Staatschefs zu verweisen, zeigte sich Maduro besorgt: "Die Schlacht, die Präsident Chávez gerade für seine Gesundheit schlägt, muss die Schlacht aller sein, die Schlacht um das Leben, um die unmittelbare Zukunft unseres Vaterlandes. Begleiten wir den Präsidenten in dieser großen Schlacht um seine Gesundheit."
Am Samstag berichtete El Nuevo Herald unter Verweis auf US-Geheimdienstkreise, Chávez Zustand sei "nicht ernst, aber kritisch, schwierig". Dass der Staatschef an einem Prostatakrebs erkrankt sei, könne man jedoch nicht bestätigen. Aus Caracas kamen Dementis: Chávez erhole sich gut von der Operation, twitterte etwa der stellvertretende Außenminister Temir Porras, seine Feinde sollten aufhören zu träumen: "Das einzige, was Metastasen treibt, ist der Krebs des Miami Herald und der restlichen Rechtspresse".
Ob die Regierung angesichts des medialen Einbruchs nun die Karten auf den Tisch legt, wie das die Opposition schon seit Wochen fordert, ist aber fraglich. Am Sonntag spekulierte die Tageszeitung El Universal erneut über eine Krebserkrankung und eine Nachfolgedebatte bei den Chavistas, wo man "nie daran gedacht hat, dass ihr einziger Führer ein gewöhnlicher Sterblicher ist". Doch die Vorbereitungen auf ein Gipfeltreffen, zu dem Chávez am 5. Juli seine Kollegen aus Lateinamerika und der Karibik empfangen will, würden unverändert fortgesetzt.
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