piwik no script img

Spekulanten haben sich schwer verkalkuliert

■ Überangebot an Immobilien in den neuen Ländern drückt auf die Mietpreise. Banken müssen ihre Risikovorsorge drastisch erhöhen. Gewerbemieter profitieren

Berlin (dpa) – Großinvestoren und Banken auf dem ostdeutschen und Berliner Immobilienmarkt haben sich schwer verrechnet. Statt schwunghafter Nachfrage herrscht Flaute bei der gewerblichen Vermietung. Fast monatlich müssen Kreditgeber eingestehen, daß sie sich verkalkuliert haben und die Finanzierung von Immobilien eventuell hohe Verluste bringt.

Überall in Berlin und den neuen Ländern stehen Bürohäuser nahezu leer. Angesichts des Überangebots an moderner Bürofläche ist eine provisionsfreie Vermietung selbstverständlich. Zugaben wie mehrere Monate Mietfreiheit, Zuschüsse für den Umzug oder finanzielle Unterstützung bei der Büroausstattung sind keine Seltenheit. Für 1997 wird in Berlin ein Leerstand von gut zehn Prozent prognostiziert.

Statt Mieterträge bis 90 Mark pro Quadratmeter in Spitzenlagen der Hauptstadt zu erzielen, müssen sich Vermieter nach Expertenangaben mit einer Top-Monatsmiete um die 50 Mark begnügen. Der größte Teil der Nachfrage konzentriere sich auf Quadratmeter-Mieten von 25 Mark. Allein in Berlin existiert ein kurzfristig verfügbares Büroflächenangebot von 1,1 Millionen Quadratmetern.

Vor wenigen Tagen räumte das Privatinstitut Bankhaus Löbbecke ein, daß für Fehleinschätzungen die Risikovorsorge um 610 Millionen Mark auf 793 Millionen Mark aufgestockt wird. Über die Hälfte der Risiken entfalle auf den Immobilienbereich. Das Engagement im Immoblienbereich hatte kürzlich den Chef der Berliner Grundkreditbank, Jürgen Bostelmann, den Job gekostet (taz vom 29. April), nachdem ein Wertberichtigungsbedarf von brutto 170 Millionen Mark bekanntgeworden war. Da das Institut keine ausreichenden Reserven gebildet hatte, muß der Sicherungsfonds der Genossenschaftsbanken mit einer Bürgschaft von 80 Millionen Mark einspringen. Bostelmann hatte sich in den Vorjahren skeptisch zu den Mietpreismöglichkeiten geäußert und vor einem Einbruch der Erträge gewarnt. Zum Problem der Bank wurde, daß die Wertansätze für Berliner Immobilien inzwischen weiter gesunken sind.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen