piwik no script img

Spektakuläre Idee des Uefa-PräsidentenPlatini plant europaweite Fußball-EM

Uefa-Präsident Platini denkt darüber nach, die Fußball-EM künftig in 12 oder 13 Spielorten auszutragen. So könne man verhindern, dass sich Länder beim Stadionbau übernehmen.

„Nur eine Idee“: Uefa-Chef Michel Platini. Bild: dpa

KIEW taz | „Es ist nur eine Idee.“ Michel Platini tat so, als hätte er nichts besonderes gesagt. „Wir werden darüber im Exekutiv-Komitee diskutieren und im Januar wird es eine Entscheidung geben.“ Kurz davor war ein Raunen durch den Presseraum im Kiewer Olympiastadion gegangen, als der Präsident der Europäischen Fußballunion der versammelten Fußballpresse seine Ideen für die Zukunft der Europameisterschaften präsentiert hat.

Ginge es nach ihm, sollen es ab 2020 keine einzelnen Länder oder Länderpaare mehr sein, die das Turnier beherbergen. Die EM soll dann in „vielleicht 12 oder 13 Spielorten, die über ganz Europa verteilt sind“ ausgetragen werden.

„Es ist nur eine Idee“, wiederholte Platini mehrere Male. Doch eines war ihm anzumerken. Es ist ihm ernst. Man könne verhindern, dass sich Länder beim Stadionbau oder der Erweiterung ihrer leistungsschwachen Flughäfen übernehmen, erläuterte Platini, der weiß, dass die beschlossene Vergrößerung des Turniers auf 24 Mannschaften ab 2016 viele mögliche Bewerber überfordern könnte. In Frankreich, wo die nächste EM stattfinden wird, mag das noch möglich sein. Andere Länder würden sich schwer tun.

Platinis Idee ist eine Ohrfeige vor allem für die Türkei. Die galt für das Turnier 2020 lange als Favorit. Doch Michel Platini machte am Samstag in Kiew keinen Hehl daraus, dass er stinksauer ist auf die türkische Bewerbungsstrategie. Das Land bewirbt sich mit Istanbul auch für die Olympischen Sommerspiele 2020 und hat bereits angekündigt, die EM sausen zu lassen, wenn das IOC der Stadt den Zuschlag für Olympia erteilt. Über die Spiele wird erst im September nächsten Jahres entschieden. Die Uefa will aber schon im Januar über die Gastgeber der übernächsten EM entscheiden. Das passt nicht.

Es hatte noch zwei andere Interessenten für 2020 gegeben. Doch die Gemeinschaftsbewerbungen von Schottland, Irland und Wales sowie die von Georgien und Aserbaidschan hatte die Uefa offenbar so wenig überzeugend gefunden, dass sie mögliche weitere Interessenten dazu ermunterte, auch nach Verstreichen der ursprünglichen Bewerbungsdeadline am 12. Mai, ihren Hut in den Ring zu werfen.

„Es gibt doch Billigflieger“

„Wir haben viele interessante Bewerbungen erhalten“, sagte Platini am Samstag und schwärmte von einem gesamteuropäischen Turnier mit Spielen in London, Berlin und Wien. Dass dies für die Teams, für die Fans und die Journalisten ein logistisches und finanzielles Problem werden könnte, wollte der Franzose nicht gelten lassen. „Es gibt doch Billigflieger“, sagte er und grinste.

Glücklich war Platini auch über den Vortrag, den der Schiedsrichterbeauftragte der Uefa, Pierluigi Collina, gehalten hatte. Dessen Aufgabe war es, den Einsatz der zwei zusätzlichen Schiedsrichterassistenten an den Torauslinien in den vergangenen zwei Jahren zu evaluieren. Collina hatte vor den versammelten Mitgliedern der Uefa-Exekutive, die am Vortag des EM-Finales getagt hat, regelrecht von den Additional Assistent Referees geschwärmt.

In über 1.000 beobachteten Begegnungen, darunter Champions-League- und Europa-League-Spiele sowie die Partien bei der EM, habe es nur ein einziges Mal eine Fehlentscheidung gegeben – das nicht erkannte Tor der Ukrainer in ihrem Gruppenspiel gegen England.

Alles super an den Torauslinien also und Platini glaubt nun, gute Argumente gegen den Einsatz von Technik bei der Spielleitung zu haben. „Wo sind die Grenzen?“, fragte er. Mit Torlinientechnik könne man nicht erkennen, ob ein Spieler den Ball mit der Hand im Spielfeld halte, ob ein Stürmer im Abseits gewesen sei. „Ich bin weiter gegen jede Technik“, stellte er klar. Entscheiden müssten darüber eh andere, die Fifa und das regelbestimmende International Football Association Board. Man wird sehen.

An Ende bedankte sich der Uefa-Boss noch bei den Gastgeberländern, deren Verbandschefs Grzegorz Lato (Polen) und Hrihorij Surkis (Ukraine) den Dank zurückgaben an die Uefa und von der Veränderungen schwärmten, die das Turnier in ihren Ländern bewirkt habe. Bei einer europaweiten EM, wie sie Platini vorschwebt, wird es solche Kraftanstrengungen, wie sie Polen, vor allem aber die arme Ukraine unternommen haben, nicht mehr geben. Dafür umso mehr Funktionäre, die sich gegenseitig bedanken.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • F
    Fußballschnecke

    Europaweit ?

     

    Griechenland hat nicht mal Geld für einen eigenen Ball, und andere Länder werden folgen.

     

    Einzig in Deutschland geht das noch, hier leben alle in derartigem Überfluß daß sie sogar mit Spaghetti werfen können vor Freude über die schönen Tore.

  • S
    Schläfer

    Zitat von Links ist der Weg:

    "...natürlich hätte man dann die Bevölkerung gegen sich aufgebracht, aber damit muss man leben."

     

    Gnadenlos Ideologie durchsetzen - auch gegen den Wunsch der Bevölkerung ?

     

    Erfrischend, wenn ein Linker mal ehrlich ist ;-)

  • E
    easysnider

    @ von links ist der Weg, bleibt auf halben Weg stehen. Natürlich müssen die kleinen Fußballnationen auch mit talentierten Spielern besserer Nationen unterstützt werden. Wie diskriminierend wäre es erst, wenn sie bei der EM teilnehmen dürften und von Italien, Spanien oder der Faschistenmannschaft zweistellig besiegt würden?!

  • LI
    Links ist der Weg

    Das beste wäre aber die EM komplett abzuschaffen, natürlich hätte man dann die Bevölkerung gegen sich aufgebracht, aber damit muss man leben. Ich hoffe ja das irgendwann die Linkspartei in Deutschland an die Macht kommt und wenigstens schonmal unsere Faschitenmannschaft auflöst.

     

    Am besten wäre es dann auch wenn alle Staaten teilnehmen dürfen. Momentan werden kleine Staaten wie San Marino, Andorra oder Luxemburg benachteiligt. Das ist meiner Meinung nach eine unerträgliche Diskriminierung die es in Europa so nicht mehr geben darf.

  • C
    Christian

    >wie sie Platini vorschwebt, wird es solche >Kraftanstrengungen, wie sie Polen, vor allem aber die >arme Ukraine unternommen haben, nicht mehr geben

     

    Es reicht, wenn man die Bewerbungen kritisch beurteilt und keinen Glauben Leuten schenkt, die Luftschlösser versprechen. Die EM ging in den Osten, weil gewisse Kreise sich die Freundschaft der vielen ost/südosteuropäischen Verbände kaufen wollten. Außerdem: die meisten Stadien in der Ukraine wurden eh aus der Privatschatulle irgendwelcher dubiosen Stahl- und Kohlebarone bezahlt.

  • TL
    Tim Leuther

    Das ist zumindest besser als wenn so viel Geld verbrannt wird wie es bisher der Fall war. Portugal, Polen und die Ukraine tun mir Leid. Die haben Geld verpulvert, für Stadien die Sie nicht brauchen, sonst hätte es die ja schon gegeben.

     

    Sowieso wird im Sport viel zu sehr auf ein Event gebaut.

     

    Das historische Verbrechen begang die FIFA und die Südafrikanische "Regierung*" als Sie das zuließen was dort geschah.

     

    *unglaublich Korrupt und selbstgefällig, dieser ANC nur noch im Amt, weil es noch ein größeres Verbrechen gab

     

    NOCH besser wäre allerdings wenn man von diesem Hyperkommerztrip runterkäme und auch in normalen Stadien eine WM austragen würde. Prozentual schauen das doch eh die meisten im Fernsehen. Warum kann man die WM nicht in einem X-beliebigen Stadion Spielen das es schon gibt? Warum brauchen die Stadien das Ranking wie bei Teams in der Champions League?

  • AS
    Arno Schlick

    Tolle Idee!*

    *Disclaimer: Diese Idee wurde gesponsert von der Tourismusbranche, der Luft- und Raumfahrtindustrie, der Ölindustrie und Leuten, die Europa zwar teuer aber toll finden.