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SparpläneFrauenhäuser vor dem Aus

Die Landesregierung von Schleswig-Holstein will zwei Frauenhäuser schließen. Über eine Finanzierung des Hauses in Wedel zusammen mit Hamburg wurde nicht gesprochen.

Eine Protestaktion gegen die Kürzungspläne vor dem Landeshaus in Kiel. Bild: dpa

"Frauenhaus geschlossen. Wo soll ich jetzt hin?", lautet die Frage auf der Postkarte, die massenhaft an Emil Schmalfuß geschickt werden soll. Der parteilose Minister für Justiz, Gleichstellung und Integration in Schleswig-Holstein gab Anfang September die Schließung von zwei Frauenhäusern und die Zusammenlegung von Frauenberatungsstellen bekannt.

Betroffen ist zum einen das autonome Frauenhaus in Wedel an der Stadtgrenze zu Hamburg, in das viele Hamburger Frauen flüchten. Zum anderen ein Frauenhaus der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Lübeck, das zu wenig ausgelastet sei. Sie sollen zum Jahr 2012 schließen. Das Land möchte damit 563.000 Euro einsparen.

Am 15. Dezember wird in Kiel über den Doppelhaushalt 2011 und 2012 abgestimmt. Die Opposition aus SPD und Grünen geht davon aus, dass der Haushalt verabschiedet wird, obwohl die schwarz-gelbe Landesregierung nur eine Mehrheit von einer Stimme hat.

Die sozialpolitische Sprecherin der Grünen Marret Bohn hofft "bis zum letzten Moment, dass die Regierungsfraktion zur Vernunft kommt". Mit betriebswirtschaftlichen Zahlen zur Auslastung könne man nicht Gewalt gegen Frauen und Kinder bekämpfen. Eine Gewalt, die nicht an den Landesgrenzen Halt macht. Deswegen kritisiert Bohn auch, dass es keine Gespräche mit der Hamburger Landesregierung gegeben hat, um über eine länderübergreifende Finanzierung zu verhandeln.

Birgit Pfennig, Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft autonomer Frauenhäuser in Schleswig-Holstein, befürchtet, dass nun eine Quote eingeführt wird, wie viele Frauen aus anderen Bundesländern in schleswig-holsteinischen Frauenhäusern aufgenommen werden dürfen. Statt am Telefon zu fragen, was passiert sei, könnte es in Zukunft heißen: "Wo kommst du her?"

Pfennig kritisiert, dass sich ein bundesweit desaströser Zustand zum Vorbild genommen wird und auch das relativ gut ausgestattete Schleswig-Holstein nicht die EU-Richtlinie von einem Frauenhausplatz auf 7.500 Einwohner erfüllt. Zurzeit liegt das Verhältnis bei eins zu 9.871.

Jan Backmann, Büroleiter des Gleichstellungsministers in Schleswig-Holstein, hat eine Quote von 10 Prozent besonders gefährdeter Frauen aus anderen Bundesländern errechnet, die auch nach der Schließung der Frauenhäuser in Wedel und Lübeck in Schleswig-Holstein aufgenommen werden sollen. Außerdem verweist er auf die Angebote von 23 Beratungsstellen, auch in Verbindung mit staatlichen Maßnahmen wie der polizeilichen Weisung, die den Täter den Zugang zur gemeinsamen Wohnung verbieten kann.

Eine Einsicht des Täters ist selten der Fall, wie die Zahlen der voll belegten Frauenhäuser zeigen, sagt Astrid Otto, eine der fünf Mitarbeiterinnen des autonomen Frauenhauses in Wedel.

Diese führen viele Gespräche und erfahren große Solidarität, aber ob das am Ende die Schließung verhindern könne, das "weiß ich nicht", sagt Otto. Wohin die jährlich insgesamt 300 Frauen und Kinder flüchten sollen, wenn die beiden Häuser in Wedel und Lübeck geschlossen werden sollten - diese Antwort bleibt der Gleichstellungsminister schuldig.

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2 Kommentare

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  • E
    Einwanderer

    Ist der taz bekannt dass 50-95% der Kundschaft in Frauenhäusern typischerweise einen Migrations- bzw. einen Mohammigrations-Hintergrund haben?

     

    Die Finanzierung von Frauenhäuser würde ich daher als "Integrationskosten" betrachten, mindestens verdoppeln und zB. mit EU-Beitrittshilfen für die Türkei verrechnen!

  • G
    gecko

    Es ist wirklich eine Schande, daß hier bei nötigen Einrichtungen für Frauen und Kinder gespart wird.

    Sicher ließe sich viel Geld, bspw. für Polizeieinsätze bei Fußballspielen, sparen, um dort gewalttätige Fans daran zu hindern, sich gegenseitig krankenhausreif zu schlagen.

    Hier werden auch die Gelder von uns Steuerzahlerinnen verbraten, auch wenn immer nur vom "Steuerzahler" die Rede ist.

    Es ist schon wirklich unglaublich, nach welchen Kriterien Geld ausgegeben wird.