Spanisches Naturschutzgebiet vor dem Aus: Leergebohrt und ausgebrannt
Seit Jahren entziehen Bauern mit illegalen Brunnen dem südspanischen Biosphärenreservat Tablas de Daimiel Wasser. Jetzt brennen die unterirdischen, ausgetrockneten Torfschichten.
MADRID taz | Das Urteil fällt deutlich aus: Der Nationalpark Tablas de Daimiel in der südspanischen Region La Mancha "befindet sich in einem Degradierungsprozess, aus dem es kein Zurück geben wird", heißt es in einem Bericht der Parkverwaltung. Seit mehr als 20 Jahren trocknet das 1.600 Hektar große Feuchtgebiet aus, das 1980 zum Biosphärenreservat der UN-Kulturorganisation Unesco erklärt wurde.
Heute stehen nur noch fünf Hektar unter Wasser, und dies dank künstlicher Bewässerung. Jetzt haben sich auch noch die ausgetrockneten unterirdischen Torfschichten selbst entzündet. Riesige Flächen sacken ab. Risse tun sich auf. Der eindringende Sauerstoff beschleunigt den Prozess noch. Der Schwelbrand betrifft bereits 2,5 Hektar. Die Torfschicht ist 150 Hektar groß.
Die Katastrophe im Feuchtgebiet ist menschengemacht. Seit Mitte der 70er-Jahre nutzen die Landwirte Grundwasser, um ihre Felder zu bewässern und so die Erträge zu erhöhen. Wer keinen Brunnen zugesprochen bekam, bohrte einfach selbst. 60.000 illegale Brunnen gibt es heute rund um den Nationalpark. Die Grundwasserschicht unter den Tablas de Daimiel ist um mehr als 20 Meter gesunken. Gespeist wird sie vom Guadiana. Der Fluss versickert 40 Kilometer entfernt im porösen Kalkstein. Unweit der Tablas de Daimiel kommt er wieder an die Oberfläche. So zumindest bis 1987, dann versiegte die Austrittsstelle für immer.
"Der Verlust der Torfschicht beeinträchtigt die Fähigkeit des Geländes, Wasser zurückzuhalten", erklärt der Chef des Parks, Carlos Ruiz. Selbst wenn die Feuchtgebiete wieder überschwemmt werden sollten, wird das Wasser ohne die Torfschicht einfach versickern. Ruiz verlangt von den Behörden, dass mittels der Kanäle, die Wasser für die Landwirtschaft übers ganze Land verteilen, schleunigst Wasser aus anderen Regionen in die Tablas de Daimiel gepumpt wird. Damit könnte das Feuchtgebiet für kurze Zeit geflutet werden, die Schwelbrände würden so vorübergehend gelöscht. Sobald die Torfschichten wieder austrocknen, kann der Prozess jederzeit von Neuem beginnen.
"Seit 1986 wurde immer wieder Wasser überführt, gebracht hat es nichts", erklärt José Manuel Hernández, "die Degradierung des Gebietes geht unaufhörlich weiter." Hernández ist Mitglied der Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción und sitzt im Aufsichtsrat des Nationalparks. Für ihn gibt es nur eine Lösung: "Die illegalen Brunnen müssen geschlossen werden, um die Wasserentnahme zu verringern und den Grundwasserspiegel wieder anzuheben."
Doch weder die Regierung in Madrid noch die Regionalregierung in Castilla-La Mancha trauen sich. Keiner möchte die Stimmen der Bauern verlieren. Seit zwei Jahren gibt es eine sogenannte Wasserbank. Wer legale Brunnen besitzt und angibt, weniger zu verbrauchen, kann Wassermengen verkaufen. "Doch statt das Grundwasser zu schützen, wird der Plan für einen riesigen Betrug genutzt", beschwert sich Hernández. Die Wassermengen der Bank würden nicht genutzt, um den Verbauch zu senken, sondern um illegale Brunnen zu legalisieren. Da keiner die tatsächliche Fördermenge prüfe, steige die Entnahmemenge dadurch sogar noch.
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