Spanische Doping-Grippe: Versehentliche Rechtshilfe
Der Spanier Alejandro Valverde, dauerverdächtiger Radprofi, muss sich der italienischen Justiz stellen. Eine Sperre zumindest für Rennen in Italien wird immer wahrscheinlicher.
ROM taz Die spanische Doping-Grippe wird in Italien kuriert. Zumindest teilweise. Als erster spanischer Klient des Dopingarztes Eufemiano Fuentes muss sich Alejandro Valverde vor italienischen Gerichten verantworten. Am Donnerstagabend war ihm in den Katakomben des römischen Olympiastadions erst die Mitteilung überbracht worden, dass die Strafjustiz gegen ihn wegen Dopingverdachts ermittele. Danach hatte ihn der Chefankläger des Sportverbandes Coni, Ettore Torri, in die Mangel genommen. Torri ist überzeugt, dass Valverde der Kunde Nummer 18 von Fuentes ist. "Das hat die DNA-Analyse zweifelsfrei erwiesen. Wir verfügen weiterhin über Dokumente, die Geldzahlungen Valverdes für Dopingdienstleistungen belegen sowie Auskunft über das Medikamentenprogramm geben", meinte Torri. Er ist optimistisch, im Fall Valverde die gleichen Erfolge zu erzielen wie bei Ivan Basso und Michele Scarponi. Die beiden italienischen Radprofis hatten zugegeben, zu den Kunden von Fuentes gehört zu haben, und waren zu 24 bzw. 18 Monaten Sperre verurteilt worden.
Dass Torri sich nun auch spanischen Verdächtigen zuwenden kann, liegt am sicher wohlverdienten Urlaub des Madrider Untersuchungsrichters Antonio Serrano. Der hatte bislang geschickt verhindert, dass das Gebirge von Ermittlungsergebnissen der spanischen Polizei kreißen und Verurteilungen der beteiligten Sportler gebären konnte. Seine Urlaubsvertretung Anna Jimenez Valverde (nicht verwandt mit dem Sportler) hatte jedoch einem Amtshilfeersuchen italienischer Staatsanwälte stattgegeben. Daraufhin waren umfangreiche Unterlagen sowie ein Beutel mit Blutplasma von Madrid nach Rom transportiert worden. Das lange blockierte Verfahren hatte so heftigen Aufwind erhalten.
Die italienische Staatsanwaltschaft hatte per DNA-Abgleich zwischen einem bei Fuentes sichergestellten Beutel mit Blutplasma und einer bei der Tour 2008 genommenen Dopingprobe Valverde als "Valv.Piti" und Nummer 18 der Fuentesliste identifiziert. Vor zwei Jahren waren zudem Spuren von Epo in diesem Beutel nachgewiesen worden.
Serrano, kaum aus dem Urlaub zurück, hatte der italienischen Sportgerichtsbarkeit aber untersagt, dieses Beweismittel zu nutzen. Er argumentiert aus der Perspektive des Landesrechts. In Spanien ist es der Sportjustiz erst dann erlaubt, Erkenntnisse aus Strafverfahren zu benutzen, wenn diese komplett abgeschlossen sind. In Italien hingegen sind Sport- und Strafjustiz durch das Gesetz 401/89 zur Kooperation gezwungen. Als der Dopingjäger Ettore Torri von der Staatsanwaltschaft Rom die Information bekam, dass Alejandro Valverde mit der Nr. 18 identisch ist und damit Hinweise auf Sportbetrug vorliegen, musste er ein Verfahren einleiten.
Bei der Anhörung in Rom hat Valverde weitgehend geschwiegen. "Er hat nicht einmal zugeben wollen, dass die Unterschrift unter der Dopingprobe von Prato Nevoso von ihm stammt", meinte Torri. Valverdes Anwälte wiesen die Vorwürfe als "unbegründet" zurück. Einer der Advokaten, Federico Cecconi, hält die Anschuldigungen für "vage". "Es sind lediglich zwei Paragrafen (2.2. und 2.11. des Wada-Kodex) genannt. Aber es wird nicht erklärt, wann, wo und wie eine Straftat stattgefunden haben soll", meinte er gegenüber der Presse. Cecconi will überprüfen lassen, ob die italienische Justiz überhaupt zuständig ist für seinen spanischen Mandanten. Findet das Verfahren dennoch statt, ist angesichts der Beweise eine Sperre zumindest für Wettkämpfe auf italienischem Boden wahrscheinlich. Weil die Tour de France 2009 durchs Val dAosta führt, bedeutet eine Verurteilung in Italien, dass Valverde die Champs-Élysées nicht im Peloton erreichen kann. Gegenwärtig ist er noch startberechtigt.
Weitere spanische Fuentes-Kunden haben wohl nicht mit italienischen Gerichtsterminen zu rechnen. Serrano wird seinen italienischen Kollegen keine Beweismittel mehr herausgeben, weil diese sie ja der Sportgerichtsbarkeit übergeben müssen. Für Sevilla, Mancebo, Hamilton & Co., allesamt verdächtig im Fall Fuentes, scheint weiter die Sonne bei der Amgen Tour of California.
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