Spanien gewinnt Halbfinale: Eine große Symphonie des Fußballs
Es war ein Augenschmaus: Schöner Fußball, wenige Fouls und Fußball, Fußball, Fußball. Doch am Ende starb die deutsche Maschine und konnte Spanien nichts abringen.
DURBAN taz | Es war eine Ecke, die die Entscheidung brachte. Carles Puyols unwiderstehlicher Köpfer brachte Spanien den Sieg über Deutschland. Deutschland spielt am Samstag in Port Elizabeth um Platz drei. Die Spanier dürfen in Soccer City, dem Tempel dieser Fußball-WM in Johannesburg, gegen die Niederlande um den Titel spielen. Der Finaltraum der Deutschen platzte in einem Spiel, in dem sich zwei der besten Mannschaften der Welt ein Spiel auf Augenhöhe geliefert haben.
Die Minuten nach Beginn des Spiels, die gehörten den Spaniern. Doch was sich sonst auf dem Feld abspielte, das war eine große Symphonie des Fußballs. Es wurde gespielt, gespielt, einfach nur gespielt. Torchancen gab es in der ersten Halbzeit zwar nur zwei, eine für jedes Team, doch wie die deutschen verteidigten. Wie der Ball durch die spanischen Reihen lief, es war ein Augenschmaus.
Ganze drei Mal musste der ungarische Schiedsrichter Viktor Kassai wegen eines Foulspiels pfeifen. Die ballsicheren Spanier wurden nie abgegrätscht, die Deutschen stellten die Räume zu. Es war Abwehrarbeit in Dur, heiteres Verteidigen. Und nachdem sie die ersten Bälle im Mittelfeld gewonnen hatten, da spielten sie sich auch vor das Tor der Spanier.
Deutschland - Spanien 0:1 (0:0)
Deutschland: Neuer - Lahm, Mertesacker, Friedrich, Boateng (52. Jansen) - Khedira (81. Gomez), Schweinsteiger - Trochowski (62. Kroos), Özil, Podolski - Klose
Spanien: Casillas - Sergio Ramos, Piqué, Puyol, Capdevila - Busquets - Iniesta, Xabi Alonso (90.+3 Marchena), Xavi, Pedro (86. David Silva) - Villa (81. Torres)
Schiedsrichter: Kassai (Ungarn)
Zuschauer: 60.960
Tor: 0:1 Puyol (73.)
Gelbe Karten: - / -
Wer würde den ersten Fehler machen, das fragten sich viele in der Pause. Die Mannschaften agierten beide zu sicher. Und auch als die Spanier nach der Pause mit dem erklärten Willen anrannten, das Spiel entscheiden zu wollen, blieben die Deutschen ihrer Devise treu. Nachlaufen, Doppeln, Blocken. Und dann doch die ersten Fehler. Lahm machte einen. Schweinsteiger auch. Und dann war es Manuel Neuer, der das 0:0 festgehalten hat.
Nach der Pause ersetzte Bundestrainer Joachim Löw auf der linken Abwehrseite Jerome Boateng durch Marcell Jansen und den fleißigen aber gedanklich nicht ganz so schnellen Thomas-Müller-Stellvertreter Piotr Trochowski durch Toni Kroos. Und dann kam der Moment, in dem die viel besungene deutsche Maschine doch noch ins Laufen gekommen ist. Toni Kroos wurde von Mesut Özil und Lukas Podolski freigespielt. Er scheiterte an Iker Casillas. Das war die deutsche Chance. 69 Minuten waren da gespielt. Vier Minuten später köpfte Puyol sein entscheidendes Tor.
Die deutsche Maschine war abgestorben. Die Musik wurde ganz leise. Aus einer fußballerischen Symphonie wurde ein Krampfspiel und die Deutschen mussten einsehen, dass gegen eine Mannschaft wie Spanien nichts zu erzwingen ist. Die hohen Bälle in den Strafraum, die am Ende auch Mario Gomez spielte, der für Sami Khedira ins Spiel gekommen war, bedeuteten keine Gefahr.
Und die Deutschen mussten einsehen, dass es eben nur beinahe gereicht hat in dem Duell der Finalisten um den Europameistertitel 2008. Doch sie können mitspielen. Diese Erkenntnis werden sie mitnehmen aus dem Turnier. Viel Spaß sei ihnen gewünscht beim WM-Abschiedsspiel gegen Uruguay!
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!