: Spaltung in Polen verhindert
■ Mazowiecki und Walesa wollen ihren Streit begraben
Warschau (afp) - „Die Zusammenarbeit wird fortgesetzt“, heißt es in der Schlußerklärung nach dem sechsstündigen Gespräch zwischen dem polnischen Regierungschef Mazowiecki und Gewerkschaftsführer Walesa. Damit ist der Streit der beiden Politiker zunächst begraben und die drohende Spaltung der Bewegung Solidarität fürs erste abgewendet. Wie sich jedoch aus der knappen Erklärung zum Abschluß ihres Geheimtreffens am Samstag in Warschau herauslesen läßt, gelang es den beiden Rivalen nicht, ihre Differenzen über Geschwindigkeit und Art der Reformen auszuräumen. Auf Mazowiecki wartet bereits die nächste Herausforderung: Als Reaktion auf die gescheiterten Verhandlungen mit der Regierung hat die Land-Solidarität für Mittwoch alle Bauern zu einer Straßenblockade aus Protest gegen die Agrarpolitik aufgerufen. Mazowiecki wird dabei den Bauern ohne seinen Landwirtschaftsminister entgegentreten müssen. Erstmals verweigerten die Abgeordneten ihrem Ministerpräsidenten die Gefolgschaft und lehnten seinen Kandidaten für das Amt des Agrarministers, Artur Balazs, ab.
Bei ihrer Aussprache unter Schirmherrschaft des polnischen Episkopat-Sekretärs, Erzbischof Dabrowski, in einem Vorort Warschaus einigten sich Mazowiecki und Walesa darauf, den Fortgang der Reformen in Polen „gemeinsam zu überwachen“. In ihrem von der polnischen Nachrichtenagentur 'pap‘ verbreiteten Kommunique betonten die beiden Kontrahenten, „die unterschiedlichen politischen Meinungen und die verschiedenen Interessen der gesellschaftlichen Gruppen“ dürften die Situation in Polen nicht „destabilisieren“. Eine grundlegende Reform erfordere sozialen Frieden. Weitere Informationen über den Inhalt des Treffens waren am Sonntag zunächst nicht zu erfahren.
Während Mazowiecki und seine Anhänger für vorsichtige Reformen unter Einschluß von Mitgliedern der aufgelösten kommunistischen Partei plädieren, hat Walesa immer schärfer den nach seiner Ansicht allzu schleppenden Fortgang des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels in Polen kritisiert.
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