Sozialdemokraten siegen in Norwegen: „Nebelprinz“ gewinnt Wahl
Bei der Wahl in Norwegen hat der Millionär Jonas Gahr Støre die sozialdemokratische Arbeiterpartei AP zum Sieg geführt. Unumstritten ist er nicht.
Es war sein zweiter Anlauf. Eigentlich galt er schon bei der Parlamentswahl vor 4 Jahren als sichere Bank. Doch lief es dann genau umgekehrt. Hatte er wenige Wochen vor dem Wahltermin einen bequemen Vorsprung vor seiner konservativen Konkurrentin Erna Solberg, überholte die ihn im Endspurt. Mit Gahr Støre an der Spitze landeten die Sozialdemokraten damals erstmals seit 2001 unter 30 Prozent.
Wofür ihm auch höchstpersönlich ein Großteil der Schuld zugeschoben wurde. Passend zur Wahl waren einige zweifelhafte Investionen in Firmen bekannt geworden, die den von seiner eigenen Partei aufgestellten ethischen Standards so gar nicht genügten. Der 61-Jährige hat nämlich ein Handikap: Er ist ziemlich reich, hat mehrere Millionen geerbt.
Manche Karikaturisten lieben es, ihn mit Zylinder auf dem Kopf, an der Hand einem Rollkoffer, aus dem Geldscheine quellen, zu zeichnen. Die Karriere, einmal Vorsitzender der norwegischen „Arbeiderpartiet“ zu werden, war dem Spross einer reichen Osloer Schiffsmaklerfamilie jedenfalls nicht in die Wiege gelegt.
Von den Seestreitkräften zu Eliteuniversitäten
Weshalb er als 19-Jähriger standesgemäß seine Studien an der Hochschule der norwegischen Seestreitkräfte begann, um anschließend an die französische Eliteuniversität Institut d’études politiques de Paris und schließlich an die Harvard Law School zu wechseln.
Zur Sozialdemokratie kam er über eine Tätigkeit in der norwegischen Staatskanzlei, wo er ab 1989 für Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland arbeitete. Parteimitglied wurde er erst 1995: Bei den Sozialdemokraten fühlte er sich nach eigenen Worten „als ganz gut integrierter Einwanderer“.
2005 wurde Gahr Støre dann Außenminister unter Jens Stoltenberg. Als dieser 2014 Nato-Generalsekretär wurde, gab es in der Partei keinen Zweifel daran, wer dessen Nachfolger im Parteivorsitz werden sollte. Wobei man hoffte, dass dieser dann ein Jahr später auch Ministerpräsident werden würde. In der eher kämpferischen Rolle, die man von einem Oppositionsführer erwartet, ist der stets auf Ausgleich und Kompromisse ausgerichtete gelernte Diplomat auch eine ziemliche Fehlbesetzung.
Wegen dieses nebulösen Stils verlieh ihm eine Kommunikationsfirma 2015 die Auszeichnung „Nebelprinz“. Mit einem Kommunikations- und Medientraining als Preis. Solche Trainings hat er mittlerweile vermutlich absolviert.
Vor einigen Tagen von JournalistInnen nach Olaf Scholz gefragt, hatte er jedenfalls eine eindeutige Antwort: „Ich tausche mich zurzeit regelmäßig über SMS-Mitteilungen mit ihm aus.“ Zum Inhalt aber wollte er aber nichts sagen.
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