Sozialdemokrat Binding: "Rauchverbot ist Sache des Bundes"
Vor einem Jahr begann der SPD-Abgeordnete Lothar Binding einen Kampf für Rauchverbote. Am Mittwoch treten die ersten in drei Bundesländern in Kraft.
taz: Herr Binding, Sie sind schuld daran, dass heute in den ersten drei Ländern Rauchverbote in Kraft treten. Fürchten Sie die Rache der Raucher?
Lothar Binding: Ich bin gern an der Gesundheit anderer Menschen schuld. Die allermeisten Raucher haben Verständnis für die neuen Regelungen. Wir wollten sie doch nur bitten, vor die Tür zu gehen. Damit können die meisten leben.
Lothar Binding, 57, ist SPD-Finanzpolitiker aus Heidelberg. Seit Sommer 2006 kämpft er auch für Rauchverbote.
Das ist eine gewagte These.
In den Briefen, die ich bekomme, äußert sich nur ein sehr geringer Prozentsatz der Leute aggressiv. In der Praxis konnte ich Konflikte zwischen Rauchern und Nichtrauchern bisher fast immer freundlich schlichten. Leider fehlt in unserer Kultur ein akzeptiertes Ritual, jemanden um eine Verhaltensänderung zu bitten. Darum geht es beim Thema Rauchen oft aggressiver zu als nötig.
Muss noch etwas getan werden beim Nichtraucherschutz oder sind Sie völlig zufrieden?
Obwohl heute ein Erfolgstag ist, bin ich immer noch der Meinung, dass Rauchverbote eigentlich Angelegenheit des Bundes sind. Gesundheitsschutz ist nicht teilbar. Ein Mensch in Stuttgart hat das gleiche Recht auf Gesundheitsschutz wie einer in Rostock.
Aber die Regelungen in den Ländern sind doch relativ einheitlich, oder?
Insgesamt bin ich auch zufrieden. Es gibt aber leider Ausnahmen. In Baden-Württemberg können die Schulen entscheiden, dass ihre volljährigen Schüler ab Klasse 11 rauchen dürfen. Ein falsches Signal. Gesundheit hängt nicht vom Alter ab. Solche Ausnahmen zeigen, dass eine Regelung durch den Bund besser gewesen wäre.
Sie haben sich als nahezu unbekannter Abgeordneter gegen die Tabaklobby durchgesetzt. Wird die Macht der Lobbyisten in Deutschland überschätzt?
Hinter den Lobbygruppen steht durchaus Wirtschaftsmacht. Aber damit muss man umgehen können. Die Tabaklobby lebte bisher immer davon, Nichtraucher als aggressiv, spaßfeindlich und spießig darzustellen. Es fiel den Lobbyisten sehr leicht, die Gegner ihres giftigen Produkts lächerlich zu machen.
Wie sind Sie selbst den Lobbyisten entgegengetreten?
Als die ersten drei Lobbyisten in meinem Büro saßen, habe ich gesagt: In meinem Zimmer können Sie ruhig rauchen. Das war das erste Signal: Hier geht es jemandem nicht um eine persönliche Mission, sondern um den Gesundheitsschutz.
Um die Marlboro-Männer zu schlagen, mussten Sie nur einen Aschenbecher auf Ihren Bürotisch stellen?
Was heißt geschlagen, Lobbyisten sind nicht unsere Feinde. Man muss nur mit allen sprechen. Dann sieht man schnell, wie unterschiedlich die Ansichten selbst innerhalb der Tabaklobby sind. Da widerlegen dann die einen die Positionen der anderen. Durch Lobbyisten kann man großes Wissen über eine Branche erwerben und lernen, welche Kräfte sich wechselseitig aufheben.
Feiern Sie heute?
Ich bin mit meiner Frau verabredet. Natürlich in einem rauchfreien Restaurant. Diese Freiheit werden wir so richtig genießen.
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