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„Southpaw“ im KinoVorhersehbar fade

Chargen-Schmiere und Lust am Elend: Antoine Fuquas Boxerdrama „Southpaw“ mit Jake Gyllenhaal überzeugt nicht.

Jake Gyllenhaal in „Southpaw“. Foto: dpa

Der Boxerfilm verfügt über ein schmales Repertoire an Erzählungen: Ein Underdog schlägt sich durch (der „Rocky“-Plot), ein Champ verliert den Fokus im Leben (der „Raging Bull“-Plot). Oder kurz: durchbeißen, gewinnen, ohne sich selbst zu verlieren, mit einem Trainer als väterlichem Freund in der Ecke.

Gewalt, Druck, Scheitern, Triumph, Zusammenhalt – menschliche Erfahrungen, an denen sich nach gängiger Auffassung Männlichkeit bewährt und definiert. Im Boxerfilm schlagen sie sich als Pathosformeln nieder: Auch wenn einer der schönsten Boxerfilme, Clint Eastwoods „Million Dollar Baby“, von einer Boxerin handelt, ist es doch das vor „Übernahmen“ gefeiteste „Männergenre“.

Auch deshalb darf man sich von Antoine Fuquas „Southpaw“ mit Jake Gyllenhaal in der Hauptrolle einiges versprechen. Weil Gyllenhaal sich in jüngsten Jahren als einer der interessantesten US-Schauspieler profiliert hat und Fuqua sich mit den Actionthrillern „Olympus Has Fallen“ und „The Equalizer“ zuletzt geradezu halsbrecherisch ins Männerkino gestürzt und zwei in ihrer Überdrehtheit atemberaubend exzessive Zeugnisse maskuliner Unbekümmertheit vorgelegt hat.

Doch der Wechsel vom No-Nonsense-Genrekino in die durch Gyllenhaal markierte Arthouse-Credibility geht gründlich schief. Die Geschichte um einen Champ, der Kämpfe gewinnt, indem er bis zur Grenze der gegnerischen Erschöpfung Schläge einsteckt, und im Verdacht steht, seinen Titel nur an handverlesen halbgaren Gegnern zu behaupten, riecht bereits nach Sylvester Stallones Meisterwerk „Rocky 3“.

Auch sonst könnte der Film Stallones Anwälte interessieren: Ein viriler Underdog fordert aggressiv ein Duell ein, es kommt zu Handgreiflichkeiten, bei denen – anders als bei Stallone – nicht der Trainer, sondern die Gattin des Champs zu Tode kommt.

In einer wahren Miserabilismus-Seifenoper verliert dieser dann noch Titel, Geld, Haus und Tochter, um schließlich, als Klowischer in der Gosse angekommen, bei einem Kieztrainer unterzukommen, der das Herz des getretenen Hundes zu wecken versteht. Nicht zuletzt der Wechsel in die Rechtsauslage – der unerwartete Schlag mit links, die „Southpaw“ – soll den Titel sichern. Rocky schlug ja auch mit links.

Southpaw

„Southpaw“. Regie: Antoine Fuqua. Mit Jake Gyllenhaal, Forest Whitaker u. a. USA 2015, 123 Min.

Fuqua skelettiert „Rocky 3“ geradezu, legt etwas Chargen-Schmiere und Lust am Elend drauf und übt sich in einer Inszenierung, die irgendwo zwischen Fernsehfilm, miesem HipHop-Video und Direct-to-Video-Gülle liegt. Trotz gelegentlich sozialrealistischem Kolorit bleibt der Film vorhersehbar fade Etappen-Illustration.

Kein Tigerauge, ein Papiertiger – die Ekstase-Angebote des Boxerfilms verpuffen hier im wirrem Über-Ernst, mit dem „Du musst dein Leben ändern“-Sprüchlein aus günstiger Lebensratgeber-Literatur aufgesagt werden.

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