■ Soundcheck: Gehört: James Chance and the Contortions
Gehört: James Chance and the Contortions Noch am Sonntag Abend im Marx ließ sich gut heraushören, wie nahe James Chance um 1980 mal am Kulturschock dran war. Chance muß aber im folgenden Jahrzehnt das Handwerk für sich entdeckt haben, denn der Saxophonist spielte Läufe, wie sie denjenigen kennzeichnen, der sich ab einem bestimmten Punkt seiner Arbeit nicht mehr für Kritik, Mode und Verzweiflung interessiert, sondern mit Liebhaberblick Grundlagenforschung betreibt.
Wie jene Anarchisten, die es in späteren Jahren doch am liebsten mit Kant halten, so spielten auch Chance und seine Contortions betont zusammengezurrt, abgestimmt und waren unter Garantie längst nicht mehr auf Durchbrechereien und weiteres newaviges Danebenbenehmen aus. Zu hören gab es entsprechend eine Kritik der reinen Vernunft als eine recht überschaubare Art, vernünftig zu werden. So etwas kann passieren. James Chances spielt zwar ein anderes Instrument, aber in seiner skurrilen Pedanterie erreicht er heute auf Bühnen in etwa die Ausstrahlung des Klarinettisten Woody Allen.
Kristof Schreuf
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