■ Soundcheck: Gehört: Altona
Gehört: Altona. Hamburgs Grundton ist das Gis. Unablässig summen die 50 Hertz Wechselstrom. Die Kulturpessimisten bezeichnen das Rauschen der Stadt als Lärm, als zu Erleidendes. Das hörende Subjekt wird dabei als bloß konsumierendes, passives vorgestellt. Dr. Justin Winkler hingegen, der Präsident des „Forums für Klanglandschaft“und prospektiver Professor qua Habilitation über die in ihren Höhen und Tiefen klingende Schweiz, behauptet, daß das Hören eine höchst aktive Tätigkeit sei. Das Summen der Stadt ist eben nicht bloßer Lärm, sondern ein durchaus lesbarer Klang-Text.
Zur akustischen Illustration dieser These luden das Spritzenhaus – der Verein zur Förderung und Veröffentlichung akustischer Kunst – und Dr. Justin Winkler am Freitag zu einem „Hörspaziergang“durch Altona ein. Spritzenplatz: Marktgeklapper. S-Bahnhof Altona: Lüftungssummen. Altonaer Balkon: Hafenarbeitsquietschen. Hafenarbeitsquietschen? Nein. Die Straße unterhalb des Balkons blockt alle Geräusche von jenseits des Flusses ab. Allen, die es hören wollen, sei gesagt, daß dieses Ausblenden den Hörhorizont bildet. Ausblendung und Überlagerung, Horizont und Textur verschieben sich mit jedem Schritt und lassen so jeden einzelnen Ort zu einem spezifischen Raum werden.
Hörspaziergänge sind Orchestrierungen, Einflugschneisen sind Instrumente und jedermann ist sein eigener Dirigent.
Matthias Anton
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