■ Soundcheck: No Smoking / Fink
Heute: No Smoking. Es gibt kaum einen Film der vergangenen Dekade, dessen Musik so organisch mit den Bildern verbunden ist wie jene aus Emir Kusturicas bislang letztem Werk Schwarze Katze, weißer Kater. Allein ist das kein Wunder, wenn man weiß, dass sie von Dr. Nelle Karajlic komponiert und produziert wurde, dem Bandleader von No Smoking, denen Kusturica 1986 als Bassist beitrat. Die Musik der Anfang der 80er Jahre im Sarajevo gegründeten Band ist vollkommen gegen den internationalen Trend konstruiert. Es ist ja seit langem üblich, einen Soundtrack mit notdürftig als akustische Reizfläche benutzbaren Popsongs zu bestü-cken, die dem Film auf eine ähnliche Art Publizität verschaffen wie umgekehrt ihnen der Film.
Gegen diese Willkür ist Kusturicas Film eine formal eindrucksvolle Demonstration. Musik und Musikinstrumente sind allgegenwärtig in Schwarze Katze, weißer Kater, die Songs sind sowohl Motor für das Tempo der Handlung als auch Kommentar der Aktionen der Figuren. Bemerkenswerter Höhepunkt ist die Hochzeitsfeier, deren zwei Protagonisten sich in ihrer Rolle nicht wohl fühlen und verbissen nach einem Ausweg suchen. Die Musik im Hintergrund scheint solange zu spielen, bis alle ihre Probleme gelöst sind.
Emir Kusturicas Filme, die seit Papa ist auf Dienstreise (1985) alle in Deutschland in die Kinos kamen, sind sicherlich ein wesentlicher Grund für den kommerziellen Durchbruch der Musik des Balkans auf den europäischen Märkten – neben den durch die dortigen Kriege ausgelösten Wanderungsbewegungen. Mit dem Komponisten Goran Bregovic, der Time of the Gypsies (1988), Arizona Dream (1993) und Underground (1995) vertonte, löste der Regisseur eine kleine Welle der Euphorie aus, die Musiker seiner Filme wurden zu Stars. So ist es nur konsequent, wenn der Musiker Kusturica dem Filmemacher Kusturica auf der Erfolgsspur folgt. Das Konzert von No Smoking verspricht die Fortsetzung des Spaßes zu werden, der im Kino nach nur zweieinhalb Stunden viel zu früh aufhört. Max Annas
heute, 21 Uhr, Fabrik
Heute: Fink.German road songs – so könnte man einem Amerikaner die Lieder von Fink nahebringen. Und das nicht nur deshalb, weil die vier Herren aus Hamburg Kraftwerks „Autobahn“, diese elektronische deutsche Hymne an den Verkehr, im Rootsrock-Gewand US-amerikanischer Prägung spielen. Die Lieder von Bandleader Nils Koppruch handeln vom Unterwegssein, also von Straßen und Namen und davon, welche Assoziationen sie auslösen können. Aber sie handeln auch vom Unterwegssein zwischen unterschiedlichen kulturellen Systemen. Von der Ideenwelt der deutschen Romantik zum Blues der amerikanischen Prohibition und von da in die Bar deiner Straße – das sind für Fink nur Katzensprünge.
Mondscheiner heißt das dritte Album der Band in Anlehnung an „Moonshiner“, einem Slangbegriff für Schwarzbrenner, und in den Texten werden wieder allerhand gespenstisch anmutende Begebenheiten beschrieben. Dubiose Perspektiven, mangelhafte Lichtquellen und marode Wahrnehmungsapparate, die hier für die Narration in Anschlag gebracht werden, sorgen dafür, dass das Werk von einem psychotischen Odeur durchweht wird. Und wer genau hinhört, erkennt auf einmal, dass E.T.A. Hoffmann und Tom Waits Brüder im Geiste sind.
Zum Abschluss ihrer ausgedehnten Deutschland-Tour spielen Fink heute nach über einem halben Jahr wieder in Hamburg. Als Gast bringen sie den Vibraphonisten des Country-Noir-Orchesters Calexico mit. Das dürfte spannend werden. cbu
heute, 21 Uhr, Schlachthof
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