: Soundcheck: Little Village
SOUNDCHECK
Gehört: Little Village. Was tun als Musiker, wenn sich der Schädel lichtet und die Massen nicht mehr lauschen? Man steigt mit ein paar alten Kumpels in den Übungskeller und läßt die Musikwelt ehrfurchtsvoll raunen ob der klangvollen Namen. So fürchteten wohl auch die Veranstalter, Little Village klänge zu sehr nach Arsch der Welt, und druckten vorsichtshalber die Namen mit auf's Plakat.
Überflüssig: das Publikum weiß, wem es zu huldigen hat. Noch einmal zu hören, wie Saiten-Legende Ry Cooder seine Gitarre zum Flennen bringt, dafür werden auch die Sprößlinge mit in den Stadtpark gezerrt. Rechtzeitige Erziehung zur musikalischen Bodenständigkeit aus Angst vor dem bösen Sample. Pünktlich zu Konzertbeginn hatte sich der Himmel über Hamburg entschlossen, die Regenversäumnisse der letzten Wochen nachzuholen. Aber die Herren Cooder, Hiatt, Lowe und Keltner ignorieren das Meer von Regenschirmen. Die Songs ihres Debütalbums klingen frisch und künden von einer Zeit, als es vom Gitarrensolo noch gerne etwas mehr sein durfte. Ry Cooder windet sich hinter seinem Instrument, als befürchte er, das Ding könne ihm nicht mehr gehorchen. John Hiatt kompensiert seine Bewunderung für den begabten Kollegen mit Gleichgewichtsschwankungen irgendwo zwischen Joe Cocker und Michael Jackson. Zum Glück hat er eine Gitarre, an der er sich festhalten kann. Hiatts knarzend- souliger Gesang ist jedoch einmalig. Der Mann wäre ein richtiger Superstar, wenn er nur die Zähne auseinanderbekommen würde. Nick Lowe und Jim Keltner sind weise genug, solide im Hintergrund zu schuften. Drummer Keltner verrutscht auch angesichts seines eigenen Könnens nie die Sonnenbrille. Die vier Freunde hatten sich nach Jahren der Studioarbeit ihre spaßige Session redlich verdient. Als sich der Himmel wieder bedrohlich verfinsterte, gabs Hiatts „Lipstick Sunset“ für den Nachhauseweg. Echt witzig, diese alten Rocker. Björn Ahrens
Außerdem: Mobylettes, eine weitere Hamburger Mädchenband, diesmal im Stil der wilden 50er, ist heute zu Gast bei Max Dax „Schüttel was du hast“-Konzertfolge.
Kaiserkeller, 22 Uhr
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