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Soul mit Ladehemmung

■ Auf der „In Air Soul Night“ im „Pier 2“ gab es schwarze Musik im Dutzend billiger / Technische Probleme ließen wenig Soulfeeling aufkommen / Abschluß-Act „Troi“ versöhnte

Sie konnte einem schon leid tun, die schick kostümierte und mit abenteuerlicher Frisur geschmückte Love Newkirk. Die Sängerin führte das Publikum als Ansagerin durch die lange „In Air Soul Night“ (das Gegenstück zum Open air), und sie gab auch ihr Bestes, um mit den rituellen Signalwörtern wie „love“, „dance“ und „partytime“ die Stimmung der wenigen BesucherInnen anzuheizen. Aber leider war sie gezwungen, immer wieder zerknirscht die so ganz und gar uncoolen Vokabeln „technical difficulties“ ins Mikrophon zu rufen, und dabei mußte sie noch froh sein, wenn das Publikum ihre Entschuldigungen überhaupt hören konnte. In den ersten Minuten des Konzerts brach erst einmal das ganze Soundsytem zusammen. Nach zehn Minuten Konfusion begann die Band noch einmal und klang zwar laut, aber miserabel ausgesteuert. Und noch lange in die Nacht hinein mußten die SängerInnen immer wieder raten, welche Mikrophone denn gerade funktionierten.

Langsam wurden Sound und Stimmung dann zwar besser, aber auch daß die MusikerInnen das Publikum erst einmal bis 23 Uhr bei mittelmäßiger Disomusik warten ließen, war dem Soulfeeling eher abträglich. Dabei war das Konzept des Abends vielversprechend, so daß es bei einer kompetenteren Präsentation durchaus hätte überzeugen können. Insgesamt neun SängerInnen traten mit zwei bis vier Stücken auf, alle begleitet von einer Liveband, die sich sicher und routiniert den verschiedenen Stilen und Stimmungen anpaßte. Der britische Schlagzeuger Eric Kingsley hat diese Show zusammengesetzt und auch viele der gesungenen Songs komponiert. So gab es viel schwarze Musik für wenig Geld (25 Mark), aber den meisten MusikerInnen merkte man auch an, daß sie ihren Act nach den gängigen Formeln zusamengebastelt hatten. Ein Rapper, ein Mr. Raggae, ein „Mystic Dan“, der eifrig Cross-over aus HipHop, Vocal-House und Jungle praktizierte: Wirklich mitreißend und originell war hier kaum etwas. Aber bevor dies so richtig auffiel, war schon der Nächste dran, und dazwischen gab es Nebenattraktionen wie Karisha aus Sri Lanka, die in vier Sprachen rappen konnte oder Anja und Katty, die in engem Latex akrobatische Tanzschritte aufführten.

Mit Love Newkirk und Veronica Lee waren gleich zwei Sängerinnen aus der Aretha Franklin-Schule im Programm, und bei ihren Songs tropfte der Soul dann auch am dicksten. Gegen Ende des Abends sangen sie sogar ein leidenschaftliches Duett von Frau zu Frau. Die einzigen Musiker, von denen man gerne noch mehr gehört hätte, waren aber die drei Vokalisten von „Troi“. In elegant-harmonischem Dreiklang sangen sie (zum Teil a-cappella) Popsongs, in denen Schmalz, Blues und Swing so raffiniert dosiert waren, daß man schließlich doch noch in die so eifrig herbeigeredete Soulstimmung versetzt wurde und kurz vor zwei Uhr morgens halbwegs versöhnt das „Pier 2“ verließ.

Willy Taub

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