Sonntaz-Streit zum Tag des Kusses: Knutsch-Armeen gegen Polizisten
Küssen macht schlank und beugt Falten vor, glaubt Dorothee Bär von der CSU – und ist deswegen für öffentliches Knutschen. Andere widersprechen.
![](https://taz.de/picture/153626/14/obamamerkel_kisses.jpg)
Dorothee Bär, familienpolitische Sprecherin der Union im Bundestag, hat das Knutschen in der Öffentlichkeit verteidigt. Küssen sei wichtig und gesund, sagt sie in einem Gastbeitrag für den sonntaz-Streit anlässlich des Tag des Kusses am 6. Juli. „Man verbraucht Kalorien, baut Stress ab und beugt Falten vor.“ Sie plädiert für Toleranz: „Es sollte auch hier die abgewandelte liberalitas bavariae gelten: Leben und küssen lassen.“
Sebastian Krumbiegel, Sänger der Band „Die Prinzen“ und berühmt geworden mit dem Lied „Küssen verboten“, träumt von Kuss-Armeen, die Polizisten charmant davon abhalten, auf Demonstrationen Menschen zu verprügeln.
Zumindest war das der Vorschlag einer älteren Dame, mit der er dieses Thema erörtert hat. „Sie sollen sich doch in der Öffentlichkeit küssen, die Leute. Das ist besser, als wenn sie Autos anzünden“, habe sie gesagt. Er stimme ihr zu, schrieb Krumbiegel im sonntaz-Streit und gab ein „klares Votum für öffentliche Knutscherei wann und wo auch immer...“
Den sonntaz-Streit zur Frage „Darf man öffentlich knutschen?“ lesen Sie in der taz.am wochenende vom 6./7. Juli 2013. Darin außerdem: Die Titelgeschichte „Wir wissen, was du morgen tun wirst“. Und: Im Dschungel Ecuadors wehrt sich ein Dorf gegen die Begierden der Erdölindustrie. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Gernot Hassknecht, Kunstfigur in der ZDF-Satiresendung „heute show“, findet am öffentlichen Knutschen überhaupt keinen Gefallen. Er würde am liebsten festlegen lassen, dass „das nur attraktive Menschen unter 30 dürfen“. Einziger Haken: „Wir leben ja nun mal leider in einem freien Land“. Noch viel widerlicher allerdings findet er „diese verlogenen Wangen-Bussis“ unter Politikern: „Wenn Merkel dem Obama die Rübe ableckt, obwohl sie stinksauer auf ihn sein müsste, weil er immer ihre Mails an Seehofer mitliest.“ Das sei „verdammte Heuchelei“.
„Küssen ist gut. Küssen ist richtig. Küsst öfter. Alle. Egal in welcher Konstellation“, kontert Chio Schumacher, taz-Leserin. Sie wird manchmal ein wenig romantisch, wenn sie ein Paar sieht, das sich küsst - und beklagt, dass man viel öfter Paare sehe, „die sich ankeifen oder nichts zu sagen haben“.
Mehr Liebe auf der Straße
Leona Johannson vom „Fuck for Forest“-Kollektiv, das Ökopornos dreht, findet die Gesellschaft prüde: „Sex zwischen Tieren ist Natur. Menschen, die in der Natur Sex haben, können Probleme mit dem Gesetz bekommen, wenn sie nicht vorsichtig sind.“ Das Leben sei zu kurz, um es nicht zu genießen, schreibt sie. „Also verbreitet bitte mehr Liebe auf der Straße - mit Hilfe von Knutschen und Liebemachen... Vielleicht lassen sich die Leute davon inspirieren und machen mit bei der Love-Revolution.“
Der Vorsitzende der Deutschen Knigge-Gesellschaft Hans-Michael Klein empfiehlt für öffentlichkeitsverträgliches Knutschen: „Knutsche stets so, dass die Maxime deines Knutschens allzugleich als Grundlage für die Anwesenheit deiner Mutter dienen könnte.“
Der taz-Leser Manfred Hoeh schickte uns per E-Mail ein Gedicht über öffentliche Küsse auf einem Spielplatz in Frankfurt: „Sonntag Nachmittag im Park Heinrich-Kraft um vier, mit einem Weib an der Hand ich hier herum spazier’. Über den gut hergerichteten Spielplatz wandeln wir, ach, gern würd ich dich mitnehmen nach Haus zu mir. Zwischen uns sind starke Sympathien entbrannt, während unweit der Baustart zum Riederwaldtunnel entstand. Dann, unter der Eiche legen wir uns ins Moos, im Grün um uns bei moderater Besucherzahl was los.“
Die sonntaz-Frage „Darf man öffentlich knutschen?“ diskutierten außerdem Wolfgang Schmidbauer, Psychoanalytiker, und Jess Jochimsen, Autor und Fotograf des Bildbandes „Liebespaare bitte hier küssen!“ - in der taz.am wochenende vom 6./7. Juli. 2013.
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