Sonntagsspiele der Bundesliga: Raúl bleibt und Schalke siegt
Der FC Schalke 04 gewinnt 4.2 gegen den bisherigen Spitzenreiter FSV Mainz. Aufsteiger Hertha jagt Hannover 96 einen Punkt ab und dämpft die Euphorie der Niedersachsen nach deren Sieg in Sevilla.
MAINZ dpa | Erst der Treueschwur von Raúl, dann die furiose Aufholjagd in Mainz: Der FC Schalke 04 hat ein Ausrufezeichen in der Fußball-Bundesliga gesetzt. "Wir sind in vielen Bereichen auf dem richtigen Weg, aber noch nicht gefestigt für eine konstante Leistung", mahnte Trainer Ralf Rangnick jedoch nach dem 4:2 (0:2) am Sonntag beim bisherigen Spitzenreiter FSV Mainz 05.
Mut für die Europa League dürfen die "Königsblauen" in jedem Fall aus ihrer deutlichen Leistungssteigerung der zweiten Halbzeit ziehen. "Wer in Mainz vier Tore schießen kann, der sollte auch in der Lage sein, gegen Helsinki im eigenen Stadion in 90 Minuten vier Tore zu schießen", erklärte der 04-Coach und blickt dem Play-Off-Rückspiel am Donnerstag gegen HJK Helsinki wieder zuversichtlicher entgegen, wenn die Gelsenkirchener ein 0:2 aufholen müssen.
Zudem konnte Rangnick nach dem klaren Bekenntnis seines Stars Raúl zu Schalke auch das leidige Theater um den Spanier zu den Akten legen. "Ich werde meinen Vertrag erfüllen", sagte Raúl in einem Interview der spanischen Nachrichtenagentur EFE. "Die Zuneigung, die mir von den Fans entgegengebracht wird, ist speziell und unvergesslich", fügte der Routinier hinzu. "Wir alle sind froh, dass er bleibt. Jetzt können wir uns wieder auf die nächsten Aufgaben konzentrieren", meinte Rangnick.
Mit Farfan und Deaxler kam die Wende
Das ist auch dringend nötig, denn zunächst knüpften die Schalker in der mit 34 034 Zuschauern erstmals ausverkauften Coface Arena nahtlos an ihre katastrophale Leistung vom 0:2 in Helsinki an. "Als wären wir direkt aus dem Flieger aus Helsinki gestiegen", bemerkte Rangnick nach den schnellen Mainzer Führungstoren durch Andreas Ivanschitz (8. Minute) und Elkin Soto (12.). "Wir haben richtig schlecht gespielt und alles vermissen lassen was wir uns vorgenommen hatten", klagte der Schalker Trainer, der aber in der Pause die richtigen Worte gefunden hatte. "So konnte es ja auch nicht weitergehen."
"Man darf einfach nicht aufgeben", meinte Lewis Holtby, der gegen seinen ehemaligen Club neben dem sich steigernden Raúl zu den besten Schalkern zählte. "Wir haben als Mannschaft gefightet, eine Klasse-Moral bewiesen", lobte Kapitän Benedikt Höwedes, der nach dem Anschlusstreffer von Klaas Jan Huntelaar (56.) zum Ausgleich traf (64.). Den Rest besorgten Joel Matip (82.) und der ständig ausgepfiffene Ex-Mainzer Christian Fuchs (90.). "Das Tor war eine Genugtuung. Da waren die Gesänge verstummt. Die Mainzer musste ihrem Tempo Tribut zollen", sagte der Österreicher.
Ausschlaggebend für die Wende war aufseiten der Schalker die Einwechslung von Jefferson Farfan und Julian Draxler. Sie machten Druck über Außen und deckten so manche Schwachstelle der Mainzer Abwehr auf. Die 05er hatten nach einem starken Beginn mit ihren Kräften zu kämpfen. Trainer Thomas Tuchel nahm die Heimniederlage auf seine Kappe. "Ich ärgere mich über mich selbst. Ich habe Signale übersehen und hätte dem Teams anders helfen müssen. Wenn ich noch einmal entscheiden könnte, würde ich komplett auf Ballbesitz verzichten", erklärte der 37-Jährige, der im vierten Auseinandertreffen mit seinem einstigen Lehrmeister Rangnick erstmals den Kürzeren zog.
Marcel Risse klagte schon in der ersten Halbzeit über Schwindel, Soto hatte früh seine Auswechslung nach kaum überstandenem Infekt gefordert und Malik Fathi konnte wegen noch fehlender Fitness Farfan nicht in Schach halten. "Wir waren körperlich nicht in der Lage, so zu spielen, wie wir es wollten. Wir hatten keinen klaren Zugriff. Schon die erste Halbzeit war durchschnittlich, die Tore ein Luxus. Wir hätten noch viel tiefer stehen und nur auf Konter setzen müssen", klagte Tuchel.
Drei Schalker Treffer fielen nach Standards. "Da hab ich mich schon gewundert, dass wir so unkonzentriert waren. Uns fehlte die Frische. Solange ich in Mainz bin, haben wir noch nie vier Stück in einer Halbzeit bekommen", meinte Ivanschitz. Besonders sauer war Heinz Müller. "Ohne Not haben wir uns die Butter vom Brot nehmen lassen. Heute müssen wir mehrmals schlucken. Hochmut kommt vor dem Fall", meinte der 05-Schlussmann
Hannover verpasst Tabellenspitze
Drei Tage nach dem Europapokal-Fest gegen Sevilla ist Aufsteiger Hertha BSC zur Euphoriebremse von Hannover 96 geworden. Durch das 1:1 (0:1) am Sonntag beim Lieblingsgegner verhinderten die Berliner den erstmaligen Sprung Hannovers seit 42 Jahren an die Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga. Mit einem Freistoß-Hammer aus rund 30 Metern hatte Sergio Pinto (33. Minute) 96 lange Zeit auf den perfekten Saisonstart hoffen lassen. Pierre-Michel Lasogga (85.) bestrafte das Heimteam kurz vor Schluss jedoch für eine zu nachlässige Chancenverwertung.
Vor 41 200 Zuschauern war Hannover das spielerisch bessere Team, verpasste gegen defensiv gut organisierte Berliner allerdings die frühe Entscheidung. Damit liegen die Niedersachsen punktgleich mit Borussia Mönchengladbach wegen des schlechteren Torverhältnisses auf Rang zwei der Tabelle. In einer lange Zeit zähen Partie konnte Hertha seinen Ruf als Angstgegner von Hannover untermauern, das seit dem Wiederaufstieg 2002 erst dreimal gegen die Hauptstädter gewinnen konnte.
Vier Tage vor dem Rückspiel in der Europa-League-Qualifikation beim FC Sevilla bot 96-Trainer Mirko Slomka die siegreiche Startelf aus dem ersten Duell (2:1) mit den Spaniern auf. Trotz der kurzen Ruhepause setzte Hannover die Berliner von Beginn unter Druck und kam nach zehn Minuten durch Innenverteidiger Karim Haggui zur einzigen Chance der ersten halben Stunde. Hertha-Keeper Thomas Kraft lenkte den Kopfball jedoch mit einem starken Reflex zur Ecke.
Bei der verdienten Führung des Heimteams sah der frühere Bayern-Schlussmann hingegen schlecht aus. Nachdem Raffael seinen Platz in der schlecht positionierten Mauer verlassen hatte, traf Pinto per Freistoß-Kracher flach in die kurze Ecke. "Wenn ich da eine Mauer stelle, muss sie auch stehenbleiben", kritisierte Hertha-Geschäftsführer Michael Preetz.
Selbst nach dem Rückstand versteckten sich die aggressiv verteidigenden Hauptstädter nicht, kamen jedoch zu selten zum Abschluss. Erst kurz vor der Pause sorgte Raffael für Gefahr vor dem Tor von Ron-Robert Zieler, verzog aus 16 Metern jedoch knapp über die Latte. Nach der Trainingsrangelei mit Christian Lell an der Seite seines Bruders Ronny unter der Woche war Raffael noch aktivster Berliner in einem offensiv allerdings erneut enttäuschenden Team.
Allerdings sorgte auch Hannover in der zweiten Halbzeit für wenig spielerische Höhepunkte und konnte nur selten an die Europapokal-Gala gegen Sevilla anknüpfen. Stattdessen parierte Zieler überragend einen Kopfball von Patrick Ebert aus kurzer Distanz und bewahrte Hannover zunächst vor dem Ausgleich, den jedoch Lasogga kurz nach seiner Einwechslung besorgte. In der 89. Minute sorgte das vermeintliche 2:1 durch Christian Pander für Riesen-Jubel auf den Rängen, doch Schiedsrichter Robert Hartmann gab den Treffer nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!