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Solotänzer der Unions-Gesundheitspolitik

Exgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) ist jetzt im Kompetenzteam des Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber

Seine Nachfolgerin, die Grüne Andrea Fischer, muss nicht lange nachdenken. Drei Dinge, sagt sie, schätzt sie an Horst Seehofer: „Erstens, dass er ein Politiker mit Humor ist. Zweitens, dass er ein Kämpfer ist. Drittens, dass er sich sehr früh im Amt mit den Kartellen im Gesundheitswesen angelegt hat.“ Später, so die Exgesundheitsministerin, sei er „dann ja umgefallen.“

Der „späte Horst Seehofer“ schwenkte hin auf den Kurs der Ärzte, schaffte die verhassten Budgets zu Begrenzung der medizinischen Ausgaben wieder ab. Sie danken es ihm noch heute: „Ein Mann, der den Mut hat, dazuzulernen, der die Fähigkeit hat, alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen, der ehrlich ist“, würdigt der ehemalige Präsident der Bundesärztekammer, Karsten Vilmar, seinen langjährigen politischen Widerpart.

Horst Seehofer tanzt wieder mit beim „Wasserballett im Haifischbecken“, wie der Gesundheitsminister von 1992 bis 1998 sein Metier einmal genannt hat. Nach schwerer Krankheit gab er gestern in München an der Seite des Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber seine erste Pressekonferenz, um CDU und CSU gesundheitspolitisch wieder halbwegs zu Profil zu verhelfen.

Zehn Kilo leichter ist der hoch gewachsene Primoballerino der Unions-Sozialpolitik geworden: Mit einer Herzmuskelentzündung, entstanden aus einer verschleppten Grippe, musste Seehofer im Januar und Februar drei Wochen auf der Intensivstation im Krankenhaus seiner Heimatstadt Ingolstadt liegen und wurde dann zu wochenlangen Rehamaßnahmen verdonnert. „Demut“, hat er einem Fernsehsender gesagt, habe ihn seine Krankheit gelehrt. Der 16-Stunden-am-Tag-Arbeiter, der zugab, dass Politik sein „Suchtmittel“ sei, will vorläufig „statt 150 Prozent nur 100 Prozent“ Einsatz zeigen.

Wenn das mal klappt. Wie sehr die Union Horst Seehofer braucht, wurde in seiner Abwesenheit deutlich, als mal die bayrische Sozialministerin Christa Stewens, mal der Unionsfraktionschef Friedrich Merz sich mit gesundheitspolitischen Ideen aus dem Fenster hängten, die zwar handfest nach Union klangen, aber mit den Realitäten des Fachs nichts zu tun hatten. Vom Krankenbett ließ Seehofer dementieren: Mit der Union werde es weder fürs Rauchen Zuschläge zu Kassenbeiträgen geben, noch müssten Skifahrer in Zukunft für Unfälle selbst zahlen: „Nicht umsetzbar“, sagt er.

Trotz seines bedenklichen Zustands ist es ihm seit Beginn des Wahlkampfs immerhin gelungen, die Union vom Kurs der Liberalen zurückzuzerren. Mal eben die Krankenversicherung nach dem Modell der Kfz-Versicherung – Vollkasko oder Teilkasko mit Eigenbeteiligung – umzubauen, ach, am besten das ganze System privatisieren: So reden nur Laien daher.

Wer Seehofer dagegen reden hört vom „Erfolgsmodell Sozialstaat“ – mehr Rechte für Patienten, Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung –, das klingt alles irgendwie nach Rot-Grün. Doch das stimmt nicht. Seehofer ist bloß vorsichtig. Er weiß spätestens jetzt, dass Gesundheit „eine existenzielle Frage“ für jede und jeden Einzelnen ist – Behutsamkeit ist angesagt, wenn man Patienten mehr Eigenbeteiligung aufdrücken will. Das im Wahlkampf rüberzubringen, wird schwer. Ärzte-Expräsident Vilmar rät: „Vor allem muss er die Mahnungen seiner Ärzte befolgen und sich schonen.“

ULRIKE WINKELMANN

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