Solidarität mit der „Mopo“: Schelte von oben
Die „Hamburger Morgenpost“ ist durch eine Kündigungswelle bedroht. Nun schaltet sich auch die Politik ein.
Hamburg taz | Eine breitere Koalition hat es im Hamburger Rathaus selten gegeben. Gemeinsam verfassten die Fraktionvorsitzenden aller Parteien außer der AfD einen Brandbrief, ausgerechnet um eine Hamburger Institution zu retten, die ihnen selbst oft auf die Füße getreten war: Die Hamburger Morgenpost (Mopo).
Die FraktionschefInnen von SPD, CDU, Grünen, Linken und FDP appellierten an das Kölner Verlagshaus DuMont, die angedrohte Entlassung von elf MitarbeiterInnen zurückzunehmen. Die „angekündigten Kürzungen“ seien nicht nur „ein schwerer Schlag für den Medienstandort Hamburg“, sie gefährdeten auch „die journalistische Vielfalt der Stadt“.
Am 23. August hatte DuMont bekannt gegeben, elf der 65 Mopo-MitarbeiterInnen zu kündigen. Betroffen sind fast alle Bereiche: Die Lokalpolitik, die Kultur, der Sport, die Fotoredaktion und das Layout. Angeblich seien die betriebsbedingten Kündigungen notwendig, um ein „neues publizistisches Konzept“ für das Blatt durchzusetzen.
Unter dem Slogan „Online first“ soll mehr auf Internet gesetzt, Schichtbetrieb in der Mopo eingeführt werden. Zudem soll der Printbereich mehr auf Meinung, Hintergrund und Exklusivität setzen. Das Problem: Die Umsetzung eines solchen Plans ist personalintensiv, würde mehr und nicht weniger MitarbeiterInnen erfordern.
Kündigungen soll widersprochen werden
Mopo-intern wird deshalb von einem reinen Sparplan gesprochen. Da die Mopo im Onlinezeitalter wie fast alle Tageszeitungen an Auflage verliert – 38 Prozent seit 2006 –, konnte DuMont immer weniger Gewinne abschöpfen. Zwar schriebe die Mopo noch immer „eine schwarze Null“, heißt es aus dem Redaktionssitz in der Griegstraße, doch „das reicht DuMont nicht“.
Schon in der Vergangenheit fuhr der Kölner Medienmogul, der die Mopo seit 2009 gehört, ein Sparkonzept: Für immer weniger in Hamburg hergestellte Seiten sollte der Leser immer mehr Geld berappen; ein Plan, der den Rückgang der Auflage nicht gerade bremste.
Kurios: DuMont will vor allem MitarbeiterInnen kündigen, die der Verlag kaum loswerden kann. Vier der elf Betroffenen sind im Betriebsrat, andere schon viele Jahre bei der Mopo, wieder andere alleinerziehend. Bei einer Sozialauswahl im Rahmen von „betriebsbedingten“ Entlassungen ständen sie ganz hinten auf der Liste. Kündigungsschutzklagen hätten größte Aussicht auf Erfolg.
Die ersten fünf Kündigungen liegen derzeit dem Betriebsrat zur Stellungnahme vor – er wird voraussichtlich allen widersprechen. Unterstützung erhält er dabei nicht nur aus dem Rathaus, sondern auch von der „Konkurrenz“: 60 MitarbeiterInnen des Hamburger Abendblatts verfassten ein „Solidaritätsschreiben“ an DuMont-Chef Christoph Bauer. Ihr Appell: „Hamburg braucht Pressevielfalt, rechnen Sie die Mopo nicht kaputt!“
Leser*innenkommentare
el presidente
Papierzeitungen sind sinnlos in Zeiten des Internet. Tut mir leid.
Sie sind das, was die kirchlichen Scriptorien des Mittelalters waren,
bevor der Buchdruck aufkam. Nur die Gläubigen lesen das noch.
Pink
@el presidente Sie begreifen nun gar nichts !