Solarenergie in Deutschland: Förderkürzungen trotz Rekordwerten
Die installierte Fotovoltaik-Leistung hat in Deutschland die Marke von 10.000 Megawatt überschritten. Gerade jetzt soll die Vergütung sinken. Der Bundestag stimmt ab.
Wie die Bundesnetzagentur bekannt gab, waren Ende 2009 im Land 9.800 Megawatt Fotovoltaik installiert. Damit beginnt für die deutsche Stromwirtschaft eine neue Ära: "Wir werden in diesem Sommer erstmals erleben, dass Solarstrom für die Energiemärkte spürbar relevant wird", sagt Ulrich Focken von der Oldenburger Energy & Meteo Systems GmbH. Das Unternehmen hat sich auf die Interpretation von Wetterdaten für die Erneuerbare-Energie-Branche spezialisiert.
Dabei steht in der Förderung der Sonnenkraftwerke ein Wandel 2010 bevor: Der Bundestag behandelte am Donnerstag in zweiter und dritter Lesung die Fördersätze im Erneuerbaren-Energien-Gesetz. Das Abstimmungsergebnis liegt zur Zeit noch nicht vor. Monatelang hatten sich Union und FDP über Details gestritten. Das nun behandelte Gesetz sei ein "Kompromiss, der mehr als schwer zu erreichen war", sagte Horst Meierhofer, Leiter der Arbeitsgruppe Energie der FDP-Fraktion im Bundestag, der taz. Meierhofer: "Ich bin aber sicher, dass das Gesetz angenommen wird."
Dach- und Fassadenanlagen sollen demnach ab 1. Juli 16 Prozent weniger Einspeisevergütung bekommen. Nimmt man die Degression zum Januar dieses Jahres dazu, müssen künftige Anlagenbetreiber ihren Sonnenstrom für 25 Prozent weniger Geld verkaufen als diejenigen Anlagenbesitzer, die ihre Anlage im Jahr 2009 ans Netz brachten. Freianlagen auf Ackerflächen erhalten ab 1. Oktober 2010 überhaupt keine Förderung mehr.
Ausnahmen räumt der Gesetzgeber jenen Projekten ein, für die bis zum 25. März ein Bebauungsplan vorlag - vorausgesetzt, sie werden noch in diesem Jahr in Betrieb genommen. Freianlagen auf sogenannten Konversionsflächen - ehemaligen industriell oder militärisch genutzten Böden - müssen weitere 11 Prozent Kürzung verkraften.
Unter dem Deckmantel schöner Reden werde das weitere Wachstum der erneuerbaren Energien ausgebremst, kritisierte der bündnisgrüne Energieexperte Hans-Josef Fell in der Bundestagsdebatte: "Ihre Motivation ist klar: Sie wollen die Interessen der Atom- und Kohlewirtschaft bedienen." Meierhofer wies das zurück: "Alle Prognosen gehen von einem deutlichen Zubau in den nächsten Jahren aus", so der FDP-Experte.
Bislang hatte der Solarstrom keine erkennbaren Auswirkungen auf die Strombörse, anders als der Windstrom, der im Großhandel schon seit einigen Jahren spürbare Effekte zeigt. Starker Wind senkt die Preise am Spotmarkt aufgrund des großen Angebots. Der rasante Ausbau der Fotovoltaik seit dem letzten Sommer weckt in diesem Frühjahr erstmals auch das Interesse der Marktakteure: "Es gibt jetzt die ersten Handelshäuser, die sich für Solarprognosen interessieren", sagt Lutz Bertram vom privaten Wetterdienst MeteoGroup.
Von der Gesamtmenge her ist der Solarstrom mit einem Anteil von 1 Prozent im Jahr 2009 und voraussichtlich etwa 1,4 Prozent im laufenden Jahr zwar nach wie vor gering, doch für den Strommarkt sind weniger die Mittelwerte als die möglichen Spitzenwerte interessant. Und diese sind inzwischen beachtlich, denn bis zu drei Viertel der installierten Leistung können an einem sonnigen Sommertag auch tatsächlich erzeugt werden. In diesem Sommer können also zeitweilig 8.000 Megawatt an Solarstrom ins Netz drücken und dann mehr als 10 Prozent des bundesweiten Strombedarfs decken.
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