Solarboote nur im Swimmingpool

Bisher durften in Köpenick eigentlich nur Nichtberliner Solarboot fahren. Jetzt brauchen auch diese Freizeitkapitäne einen Führerschein für ihren Kahn. Bootsverleih steht vor dem Aus  ■ Von Bernhard Pötter

Wenn es darum geht, die Sonne in den Tank zu stecken, sind alle begeistert: Die Umweltverwaltung propagiert seit langem die „Solarhauptstadt“, der Wirtschaftssenator preist die Umwelttechnologie als Zukunftshoffnung. Greenpeace plant eine Regatta mit Solarbooten (heute 12 Uhr im Urbanhafen/Kreuzberg), und die Verkehrsverwaltung „unterstützt alle Maßnahmen zur Verbesserung dieser Technik und deren Verbreitung“.

Die Realität sieht anders aus: Bei der Solartankstelle und Bootsvermietung von Solarbooten in Köpenick gehen demnächst wohl die Lichter aus. Der Grund: Amtlicherseits werden dem Betrieb die Kunden entzogen. Wer mit dem Solarboot auf der Dahme schippern will, braucht einen Bootsführerschein. Den haben aber die allerwenigsten Kunden.

Ohnehin wiehert beim Thema Solarbootsverleih kräftig der Amtsschimmel. Denn bis zu diesem Jahr konnten die Boote von allen Besuchern problemlos benutzt werden – es sei denn, die Interessenten waren Berliner. Eine Regelung, die man nur mit leichtem Sonnenstich verstehen konnte: Berliner durften die Boote nicht ohne Führerschein fahren, alle anderen, ob Brandenburger, Bayern oder Belgier, konnten auch ohne Führerschein ans Steuer.

Die irren Regelungen gehen zurück auf die ebenso irre Situation des geteilten Berlin. 1976 hatte der Ausflugsverkehr auf den Westberliner Gewässern ein so beängstigendes Maß erreicht, daß die Verkehrsverwaltung die Führerscheinpflicht einführte. Wer ein Boot mit Segeln oder Motor fahren lassen wollte, mußte eine Prüfung ablegen, frei waren nur „von Muskelkraft betriebene Boote“, wie Hartmut Drosdek von der Verkehrsverwaltung erklärt. Ausnahmen gab es für auswärtige Besucher, die zu Hause keine Wasserpappe brauchten und nicht von hiesigen Veranstaltungen ausgeschlossen werden sollten.

1989 wurde in einer Bundesregelung der Führerschein für Berlin festgeschrieben. 1990 rückte die Wiedervereinigung die auswärtigen Besucher plötzlich ganz nah an Berlin heran. Die Folge: „Ein Surfer, der auf dem Wannsee von Zehlendorf aus startet, braucht einen Führerschein. Ein Surfer vom gegenüberliegenden Ufer nicht“, erklärt Drosdek die Grenzen der Bürokratie. Sieben Jahre nach der Einheit soll nun auch dieses Relikt aus dem Mauerberlin untergehen – allerdings zum Nachteil aller: Ab 1998 braucht jeder, der in Berlin ein Segel- oder Motorboot führt, dazu einen Führerschein. Basta. Für Boote unter 5 PS – zu denen die Solarboote gehören – ist das einmalig in Deutschland.

Für die Mietboote der Köpenicker Solartankstelle ist die Lage sogar noch düsterer: Denn bereits seit diesem Jahr gilt die „Verordnung über die gewerbsmäßige Vermietung von Sportbooten sowie deren Benutzung auf Binnenschiffahrtsgewässern“. Und diese Vorschrift besagt, daß führerscheinpflichtige Boote nur an Menschen mit Führerschein vermietet werden dürfen. Ausnahmen: keine, teilte die unerbittliche Wasser- und Schiffahrtsdirektion Ost mit. Die irre „Besucherregelung“ für die Köpenicker Solarboote ist damit ins Wasser gefallen. Nun reicht es nicht mehr, einen Freund aus Potsdam mitzubringen. Jetzt muß er mindestens ein kleines Kapitänspatent vorweisen.

Für die Solartankstelle und die MSK Metallbau- und Solarkatamaran GmbH in Köpenick ist diese Bestimmung eine tödliche Klippe. Jahrelang hat die Gesellschaft, die die Solarboote baut und vermietet, Eingaben geschrieben und die Abgeordneten des Bundestages bearbeitet, um „Innovation und Arbeitsplätze“ zu retten, wie Geschäftsführer Holger Kaselow fordert, und eine Ausnahme für Solarboote in die Verordnung zu schreiben. Vergeblich. Und an Möchtegernkapitäne ohne Pappe zu vermieten ist eine Ordungswidrigkeit und „kann teuer werden“, warnt Drosdek. Alles, was ihm an Lösung einfiele, wäre die Absperrung eines kleinen Teils der Gewässer, auf denen dann die hochgelobten, teuren und innovativen Solarboote schnurren dürften – Öko-High-Tech im Swimmingpool.