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Social Media in UnternehmenDirekte Leitung zum E-Kunden

Twittern, anstatt in der Warteschleife zu hängen: Firmen könnten die Netz-Konsumenten über direkte Kanäle erreichen. Doch deutsche Firmen zögern bei der Nutzung.

Twitter statt Hotline – Social Media in Unternehmen. Bild: dpa

Eine kurze Nachricht bei Twitter mit dem passenden Hashtag und schon ist das Unternehmen informiert. Unternehmensname in die Suchleiste auf Facebook eintragen, schon erscheint die Unternehmensseite. Es könnte so einfach sein.

Wenn die Unternehmen denn aufmerksam sind und offen für das Netz. Medien- und Technologieunternehmen wie tagesschau.de oder Dell nutzen das Internet bereits ausgiebig, um dem Unternehmen ein Gesicht zu verleihen, Einblicke zu liefern oder besondere Angebote zu verbreiten. Jedoch merken die Nutzer dabei schnell, ob die neuen Kanäle nur für platte Werbung und geistlose PR, oder für wirkliche Kommunikation genutzt werden.

Eine Umfrage der DPA-Tochter news aktuell und Faktenkontor zeigt: Die Wirtschaft steht Social Media positiv gegenüber und ist interessiert. Die meisten der 1.700 Befragten aus PR-Agenturen und Pressestellen räumen aber auch ein, dass es in ihrem Unternehmen aktuell noch keine Strategie für die Nutzung dieser Kommunikationswege gibt, "man ist noch in der Planung". Komplett verschlossen gegenüber Social Media ist eine Minderheit von immerhin etwa 4 Prozent.

Insbesondere große Unternehmen mit über 5000 Mitarbeitern setzten auf Social Media. 39,8 Prozent der großen Unternehmen hat bereits eine Strategie, keines lehnt den Nutzen kategorisch ab. Wo kleine Unternehmen direkten und persönlichen Kundenkontakt leisten können, versuchen große die Kommunikationsflut mit den neuen, vernetzen Wegen zu bewältigen.

Twitter und Co können ein mächtiges Instrument sein – Stolperfallen gibt es aber auch. Genauso, wie die Mitarbeiter von Hotlines auf Telefongespräche trainiert werden, müssen die Unternehmen auch die Nutzung von Social Media lernen. Eine undurchdachte Meldung kann sich über Netzwerke, Foren und Mund-zu-Mund-Propaganda wie ein Lauffeuer verbreiten. Einmal online, nicht mehr unter Kontrolle.

Das spürte zum Beispiel die New Yorker Werbeagentur Taxi, als sie ein Werbevideo für eine Schmerztablette im Netz verbreitete. Der Spot, der jungen Müttern, die ihr Kind in einem Tragetuch tragen, eine tägliche Schmerztablette bei Rückenproblemen empfiehlt, führte zu einer PR-Katastrophe. Twitter und Blogs verbreiteten das Video gnadenlos, die Reichweite war für die Werbeagentur ein großer Erfolg – nur leider mit misslungener Botschaft.

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3 Kommentare

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  • D
    Dulup

    Verzeihung, es gibt Mundpropaganda und Mund-zu-Mund-Beatmung. Wie funktioniert Mund-zu-Mund-Propaganda? Versteht dabei irgendjemand irgendetwas?

  • R
    Rod

    Gerade bei den telefonischen Hotlines wollen die Kunden vor allem die Möglichkeit nutzen einen anderen Menschen anzubrüllen, alle möglichen Schimpfwörter zu nennen oder ihm das Leben sonstwie schwer zu machen. Diese Möglichkeit würde den Kunden beim Twittern fehlen. Sie könnten zwar ihren tumben Sermon ungehindert ablassen, aber es gäbe niemanden, den sie persönlich anschreien und beleidigen könnten.

     

    Für die Möglichkeit einen armen Hotline-Mitarbeiter richtig fertig machen zu können zahlen viele Kunden sogar bereitwillig Gebühren, auch für die Warteschleife.

     

    Hätte die Mehrheit der Kunden nicht den Wunsch einen anderen Menschen, den sie in ihrer kruden Phantasie für "den Verantwortlichen" halten, fertig machen zu wollen, dann würden sie längst die Kontaktmöglichkeit per Email nutzen.

  • M
    Mikki

    Wenn man die Wirkung eines Social Media Engagements von Unternehmen feststellen will, gilt wie immer der Grundsatz: "Ich muss objekiv analysieren, was passiert".

    Da hilft weniger die Umfrage unter 1700 mehr oder weniger Betroffenen und mehr oder weniger ausgewiesenen Fachleuten, sondern wie immer in erster Linie die objektive Analyse weiter.

    Ob mit einem einfacheren Tool wie Google Blogs oder einem Profi-Tool wie Radian6 : Man kann mittlerweile nahezu ALLES ausmessen, was im Social Media Bereich zB über ein Unternehmen, ein Produkt, eine Nachricht oder auch eine Person gesprochen wird.

    Und wenn man das qualifiziert tut, stellt sich die Frage des OB für ein Unternehmen meines Erachtens nicht mehr, sondern allenfalls die Frage des WIE .

    Social Media hat sich zu einer offenen Kommunikationsplattform entwickelt und kommt bei vielen Anwendern in Echtzeit direkt auf das Smartphone. Besser, direkter und schneller kann man einen Markt nicht erreichen.

    Die einzige Frage, die sich in der Tat stellt, ist diejenige der Qualität. Da sind Unternehmen aufgefordert, zur Ernsthaftigkeit beizutragen. Tendenzen hierfür gibt es schon. So fühlt man sich als Kunde eines Unternehmens ernst genommen, wenn man via Twitter ein Problem zB mit einem Produkt oder einer Dienstleistung verbreitet hat und das Unternehmen hierauf direkt via Twitter reagiert. Kundendienst im eigentlichen Sinne, ohne lange Korrespondenz oder ätzende Hotline-Warteschleifen.