: So provoziert die NPD
RECHTSRADIKALE Geheime E-Mails der NPD zeigen, wie die Partei mit der Hysterie der Medien spielen will. Nur 700 Neonazis demonstrieren in Dresden – Tausende gegen sie
BERLIN/DRESDEN taz | Die NPD sucht im Wahlkampf von Sachsen-Anhalt die gezielte Provokation, um damit stärker in die Medien zu kommen. Das geht aus internen E-Mails der Rechtsradikalen hervor. Der taz liegen insgesamt mehr als 60.000 dieser Schriftdokumente aus jüngster Zeit vor.
In Sachsen-Anhalt hofft die NPD diesen E-Mails zufolge auf eine „hysterische Berichterstattung“. Erst dann, so der sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel, würden Politiker zum „großen ‚Demokraten‘-Feldzug gegen uns“ aufrufen „und uns damit für Nicht- und Protestwähler erst recht interessant machen“. Gansel im August 2010 an Gesinnungsgenossen: „Der Medien-Hype wird eure Eintrittskarte in den Landtag sein.“
Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Partei den Fall des von der SPD ins Lager der NPD übergelaufenen Ortsbürgermeisters Hans Püschel regelrecht inszeniert. So sollte dessen Nähe zur NPD öffentlich zunächst heruntergespielt werden. Püschel spielte das Spiel mit: „Werde jeden Übertritt natürlich brüsk zurückweisen! Deshalb nicht nervös werden“, heißt es in einer E-Mail an den NPD-Landeschef.
NPD-Kader Gansel nannte in einer anderen E-Mail „Provo-Veranstaltungen gegen die Systemparteien erfolgsentscheidend“. Nach diesem Motto verfuhren die Rechtsextremen auch gestern in Dresden. Mehrere ihrer Landtagsabgeordneten mischten sich bei einer Gedenkveranstaltung anlässlich der Bombardierung Dresdens 1945 unter die Teilnehmer.
Am Abend demonstrierten etwa 700 Neonazis unter Beteiligung der NPD in der Innenstadt – erwartet worden waren 1.500. Trotz Verbots von Gegendemos in der Umgebung protestierten über 3.000 Menschen am Hauptbahnhof gegen die rechtsradikale Versammlung. Schon zuvor hatten sich rund 17.000 Personen mit einer Menschenkette gegen Neonazismus gestellt.
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