Kommentar – vgl. S. 22: Skrupellos
■ Gewerkschaft ist jedes Mittel recht
Endlich hat Heiner Schilling, Gewerkschaftssekretär der HBV, die Hosen runtergelassen: „Wir kämpfen nicht für die Beschäftigten im Einzelhandel, sondern nur für unsere Mitglieder“, sagte er gestern zu dem wochenlangen Tarifstreit im Einzelhandel. Im Klartext: Es ist ihm völlig egal, wenn einige Einzelhändler die Forderungen der Gewerkschaften nicht bezahlen können und entlassen müssen – Hauptsache, die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften schnellen wieder in Höhe.
Um das zu erreichen, versucht sich die Gewerkschaft in der Öffentlichkeit als Kämpferin für die armen, unterbezahlten VerkäuferInnen zu verkaufen. Und dazu ist der HBV offenbar jedes Mittel recht: Am vergangenen Freitag verkündete Schilling, die Arbeitgeber hätten sich in der fünften Tarifrunde auf die Zahlung von Zuschlägen geeinigt. Eine Falschmeldung. Schillings Absicht ist klar: Selbst wenn die Arbeitgeber jetzt betonen, sie hätten den Zuschlägen nie zugestimmt, klingt dieses Dementi wie ein feiger Rückzug. Die Arbeitgeber sind die Bösen – die HBV hat einen Grund mehr, zum Streik aufzurufen. Eine kurzsichtige Taktik: Die Forderung nach mehr Lohn holt heute kaum noch VerkäuferInnen auf die Straße – das haben auch die spärlich besuchten Demonstrationen im Vorfeld der Tarifverhandlungen gezeigt. Ihnen geht es nicht ums Geld. Sie haben Angst um ihre Arbeitsplätze. Kerstin Schneider
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen