Skandal um Street-View-Autos: Google rückt Wlan-Daten doch raus
Der Riese beugt sich: Der Internetkonzern Google will die aus offenen Funknetzen gespeicherten Nutzerdaten nun doch Datenschützern übergeben. Aus den USA gibt es indes neue Vorwürfe.
LONDON dpa/ taz | Der Internetkonzern Google will den Streit um die aus offenen Funknetzen gespeicherten Nutzerdaten entschärfen. In den nächsten zwei Tagen werde man mit der Übergabe an die Datenschützer in Deutschland, Frankreich und Spanien beginnen, sagte Firmenchef Eric Schmidt der "Financial Times". In diesen Ländern befassen sich auch die Staatsanwaltschaften mit dem Thema.
Schmidt wollte nicht ausschließen, dass sich unter den Daten auch Angaben zu privaten Bankkonten befinden. "Wir haben Mist gebaut - das muss man ganz klar sagen", erklärte der Google-Chef weiter. Das Unternehmen werde eine interne Untersuchung hinsichtlich möglicher Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen durchführen. Das Ergebnis werde im Juli veröffentlicht. Zudem werde ein Disziplinarverfahren gegen den verantwortlichen IT-Entwickler eingeleitet.
Google hatte zugegeben, seit dem Jahr 2007 private Daten aus offenen Funknetzen (WLAN) miterfasst und gespeichert zu haben. Das Unternehmen sammelte diese bei Kamerafahrten für den in Deutschland umstrittenen Dienst Street View, für den es in zahlreichen Ländern ganze Straßenzüge fotografiert. Bei Bekanntwerden der Panne stellte Google bis auf weiteres sämtliche Fahrten ein.
US-Anwälte behaupten indes, Beweise dafür entdeckt zu haben, dass Google - entgegen den Aussagen des Konzerns - seine Street-View-Autos bewusst so programmiert hat, dass private Daten von offenen Wlan-Netzen gesammelt werden.
In der vergangenen Woche hatte sich der Suchmaschinen-Betreiber noch geweigert, die Rohdaten an den zuständigen Hamburgischen Datenschützer Johannes Caspar zu übergeben. Erst müsse gesichert sein, dass die Daten-Weitergabe an die Behörde nicht gegen das Fernmeldegeheimnis verstoße, hieß es damals. Caspar hatte betont, dass er qua Gesetz bemächtigt sei, die Daten zu überprüfen.
Caspar begrüßte am Freitag das Umdenken. "Der Schritt zeigt, dass Google willens ist, den Sachverhalt schnell zu klären", sagte er. Seine Behörde hatte bereits in den vergangenen Tagen mit der Untersuchung der eingesetzten Autos begonnen. Google-Sprecher Kay Oberbeck sagte, das Unternehmen sei "zuversichtlich, die rechtlichen Fragestellungen, die sich im Zusammenhang mit der Bereitstellung der fälschlicherweise aufgezeichneten Nutzdaten ergeben, lösen zu können."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Pläne zur Krankenversicherung
Ohne Schutzschild aus der Deckung
Abstoßender Wahlkampf der Rechten
Flugticket-Aktion sorgt für neue Forderungen nach AfD-Verbot
Sozialwissenschaftlerin Ilona Otto
„Klimaneutralität würde uns mehr Freiheiten geben“
Debatte über Staatsbürgerschaft
Sicherheitsrisiko Friedrich Merz
Polizeigebühren bei Bundesliga-Spielen
Legitimer Akt der Umverteilung
Anklage gegen Linke Maja T. erhoben
Ungarn droht mit jahrelanger Haft