Skandal um Leitzinssätze: Auf Kosten des Steuerzahlers
Auch öffentliche Banken sollen die privaten Leitzinssätze Libor und Euribor manipuliert haben. Strafen müsste also der Staat tragen.
HAMBURG taz | Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat gegen vier deutsche Banken Sonderprüfungen eingeleitet. Vermutet wird die Manipulation wichtiger Leitzinssätze, wie die Süddeutsche Zeitung am Montag meldete. Neben der Deutschen Bank wurde auch der Nachfolger der öffentlichen WestLB, Portigon, genannt. Der Kreis der betroffenen öffentlichen Institute könnte sich jedoch ausweiten. Die Bafin bestätigte auf Anfrage laufende Prüfungen, nannte aber keine Banken.
Die Bafin versucht, früheren Verfälschungen der privaten Leitzinssätze Libor und Euribor auf die Schliche zu kommen. Führenden Banken in Europa und den USA wird vorgeworfen, mindestens von 2005 bis 2009 im Kartell mit falschen Angaben manipuliert zu haben. Durch die Angabe zu niedriger Zinssätze sollten die eigenen Refinanzierungskosten beim Ausleihen von Geld von anderen Banken gesenkt werden. Zudem galt ein eigener niedriger Zinssatz während der Banken- und Finanzkrise als Vertrauensbeweis und stärkte die Reputation auf den globalen Finanzmärkten.
Weltweit laufen Ermittlungen gegen mehr als ein Dutzend Großbanken, darunter auch die Deutsche Bank. Die britische Barclays hatte als erste ein Fehlverhalten „einiger Händler“ eingeräumt. Die Londoner Bank wurde von Behörden in den USA und Großbritannien zu einer Strafe von fast einer halben Milliarde Dollar verdonnert. Die Schweizer UBS verglich sich außergerichtlich im Dezember mit US- und britischen Behörden und zahlte 1,2 Milliarden Dollar.
Der sogenannte Libor-Skandal kann auch öffentlichen Banken in Deutschland noch teuer zu stehen kommen. So sollen auch die Landesbank Berlin, die BayernLB, die teilverstaatlichte Commerzbank, die genossenschaftliche DZ Bank sowie die öffentlichen Landesbanken in Stuttgart, Frankfurt und Hannover von der Bafin aufgefordert worden sein, sich zu bestimmten Fragen zu äußern.
„Die Rechnung für diese Manipulationen ist bereits vom Bankkunden und von den Steuerzahlern bezahlt worden“, sagte Ökonom Rudolf Hickel der taz. So haben sich beispielsweise die niedrigen Euribor-Sätze für Bankanleihen in höheren Zinsen für Staatsanleihen der Krisenländer niedergeschlagen. Das Verfahren zur Festlegung der Leitzinsen müsse „den Banken entrissen werden“, fordert Kapitalmarktexperte Hickel, und einer neutralen Kommission übertragen werden, die ihrerseits öffentlich kontrolliert werden müsse.
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