Skandal um Filterattrappen: Verkehrsminister Tiefensee mauert

Zehntausende von Dieselautos fahren noch immer mit Partikelfiltern herum, die nur Attrappen sind. Dabei hatten Politik und Wirtschaft den Autofahrern kostenlosen Austausch zugesagt.

Hoffentlich wirkungsvoll: Einbau eines Rußfilters beim Diesel. Bild: dpa

Je länger sich der Skandal um die Dieselrußfilter hinzieht, desto mehr geht das zuständige Bundesverkehrsministerium auf Tauchstation. "Ich habe klare Anweisung, nicht einmal ein Semikolon zu dieser Angelegenheit zu äußern", erklärte Sven Ulbrich, Sprecher von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), zu Anfragen der taz. Selbst die Anzahl der bisher ausgetauschten defekten Filtersysteme behandelt das Ministerium als Geheimsache.

Als Grund gibt Ulbrich "rechtliche Schritte der Deutschen Umwelthilfe" (DUH) an. Die Organisation hat jetzt vor dem Verwaltungsgericht Schleswig gegen die Informationsblockade des Verkehrsministeriums beim Thema Dieselrußfilter geklagt.

"Es ist skandalös, wenn das Verkehrsministerium journalistische Recherchen blockiert", kommentiert Gerd Lottsiepen vom alternativen Verkehrsclub Deutschland (VCD) die Informationssperre. Schließlich sei die Behörde gesetzlich zur Auskunft verpflichtet.

Die Skandalgeschichte bei der mit jeweils 330 Euro geförderten Nachrüstung von Partikelfiltern für Diesel-Pkw begann im August 2007: Damals stellte sich heraus, dass mehr als 40.000 der bis dahin installierten Partikelfilter den krebserregenden Dieselruß unverändert in die Umwelt pusten. Vermutlich haben einige Filterherstelller - allen voran die Gladbecker Firma GAT - Attrappen verkauft. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die betroffenen Unternehmen wegen des Verdachts auf Betrug - bisher folgenlos.

Die Versprechen aus Politik und Wirtschaft, den geprellten Kunden schnell zu helfen, erwiesen sich als Flop: Bis heute sind über 90 Prozent der nichtfunktionierenden Partikelfilter noch immer auf deutschen Straßen unterwegs. Dabei hatte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) im November 2007 eine "Kulanzvereinbarung" der deutschen Autowerkstätten und des KFZ-Handels verkündet: Demnach sollten alle defekten Systeme für die Kunden kostenlos und unbürokratisch gegen funktionierende Filter ausgetauscht werden. Doch viele Werkstätten und Werkstattketten wie etwa Pitstop haben reklamierende Kunden abblitzen lassen.

Jetzt fordern Umweltverbände eine härtere Gangart. "Der Skandal ist nur dadurch zu beenden, dass das Kraftfahrtbundesamt die fälschlich erteilten Betriebserlaubnisse der betrügerischen Filter zurücknimmt", erklärte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Erst dadurch bekämen Autohalter eine klare rechtliche Handhabe, um den Austausch der Betrugsfilter durchzusetzen.

Mit dieser Vorstellung hat sich mittlerweile auch das Umweltministerium angefreundet. "Die rückwirkende Aufhebung der Allgemeinen Betriebserlaubnisse kommt nun in Betracht", bestätigte ein BMU-Sprecher der taz. Pech nur, dass für das Einkassieren der Allgemeinen Betriebserlaubnisse nicht Gabriels Ministerium, sondern das Verkehrsministerium zuständig ist - ihm untersteht das Kraftfahrtbundesamt. Doch Tiefensees Behörde schaltet auf taub.

"Es wird dem Verkehrsministerium nicht gelingen, diese Betrugsgeschichte auszusitzen", sagt VCD-Sprecher Gerd Lottsiepen. Diese Erfahrung hatte das Umweltministerium bereits im vergangenen Jahr gemacht, als die DUH auf der Grundlage des Umweltinformationsgesetzes vor Gericht die Freigabe von Messergebnissen erstritt, die die Wirkungslosigkeit einiger Filter nachwiesen. "Das Verkehrsministerium hat offenbar noch keine Zeit gefunden, die einschlägigen Gesetze zu studieren", sagt DUH-Geschäftsführer Resch. Er ist zuversichtlich: "Wir werden auch diese Klage gewinnen - das weiß auch Minister Tiefensee."

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