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Singersongwriterin Scout NiblettQuälen und gequält werden

Sie hat mit Bonnie "Prince" Billie im Duett gesungen und wurde mit Cat Power verglichen - das neue Album der Sängerin Scout Niblett ist quälend und schön.

Scout Niblett hat es auch nicht immer leicht - kann davon aber raumgreifend singen. Bild: rough trade

Auf dem Cover ihres neuen Albums steht Scout Niblett in einem Hobbyraum mit einem Bunsenbrenner in der Hand und grinst stolz in die Kamera. "The Calcination of …" ist ihr fünftes Werk. Und es ist, nach einem Ausflug ins klassische Songwritertum und opulent orchestrierten Duetten mit Will Oldham, eine Rückkehr ins Spartanische.

Gleichwohl ist es das, wenn man das so sagen kann, intensivste Album von ihr. Dabei funktioniert es nach bewährten Rezepten. Es präsentiert nicht viel mehr als Emma Niblett und ihren Gesang, der vom Weinerlichen ins Anklagende, vom Beschreibenden zum kindlich Singenden wechseln kann, und zwar von einem Ton zum anderen.

Dazu gibt es ein ordentliches Rockschlagzeug, das oft pausieren darf, eine Gitarre und ein Distortionspedal, auf das die junge Frau nur allzu gern tritt. Die Musik von Scout Niblett ist eine dramatische. Es ist die Musik einer quälenden und gequälten Person, die, wenn nicht Indierock, so zumindest viel Grunge gehört haben muss und sich dafür bis zum Abwinken Vergleiche mit Cat Power und PJ Harvey anhören darf. Dabei ist sie kein Abklatsch dieser Vorbilder, sie spielt längst in derselben Liga.

Nichts wabert, nichts schwiemelt herum. "The Calcination of …": Vielmehr geht es um Feuer, um Katharsis oder vielmehr um die Asche, die übrig bleibt. "Kalzinierung ist die dritte Stufe von insgesamt sieben in der Alchemie", erklärt Emma Niblett auf dem Sofa in zehn Zentimeter Entfernung. Sie ist sehr offen in diesem Interview. Erzählt von Astrologie, von Neptun, dem sie das dritte Album "Kidnapped By Neptune" gewidmet hat, und von Pluto, der Pate für das gleichnamige Stück auf diesem Album stand. Die äußersten Planeten und ihre von Astrologen zugeschriebenen dunklen Kräfte. Das Licht ist anderswo. Keine Sonne, kein Merkur. Was nicht heißt, dass Scout Niblett Doom Metal macht. Gar nicht.

Bild: taz

Diese Rezension ist der aktuellen vom 23./24. Januar 2010 entnommen - jeden Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk erhältlich.

Aber sie lässt sich von stellaren Konstellationen beraten, und zwar täglich. Und sie sagt Dinge wie, dass es ihr immer um die Kunst geht und nicht um die kommerziellen Aspekte derselben. "The Calcination of …" erscheint beim Chicagoer Label Drag City und nicht auf Too Pure wie die Vorgängerplatten. "Sie haben mich fallen gelassen, weil ich nicht genug Alben verkauft habe", sagt sie. Und sie sagt, dass die Musik ihre Form von Selbsttherapie ist, immer war, immer bleiben wird. Auf der Vortour zum Album war sie allein, ihr Stammdrummer Kristian Goddard heiratet und muss sich daher einen proper job suchen; sie sucht jetzt nach einem neuen Schlagzeuger. Mehr braucht sie nicht. Sie braucht keinen Bass, keine Villa, keine Fanclubs.

Was sie braucht, ist Reduktion. Aus persönlichen Gründen und aus Gründen des musikalischen Ausdrucks. Den perfekten Partner hat sie schon länger in Steve Albini (Produzent von Nirvana, den Pixies, den Stooges) gefunden. Albini hat auch dieser Platte zu Dichte, Intensität und Transzendenz verholfen: Es beginnt mit einem Riff, einer verzerrten Gitarre, die nicht immer perfekt gespielt ist. Ein emotionaler Raum öffnet sich: in dem Emma Scout Niblett steht. Und sie kann das, einen Raum verwandeln. Ihre Konzerte zeugen davon. Ihre Platten zeigen, woher dieses Können kommt. Man muss nicht esoterisch drauf sein, um das zu verstehen.

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