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Ungewollte WörterTrump, die DDR und die Sprachpolizei

Donald Trump verbannt eine lange Liste an Wörtern aus dem Sprachgebrauch von US-Behörden. Auch in der DDR war das ein oder andere Wort überflüssig.

Frauen wurden in der DDR gebraucht, unter anderem für die Produktion wie hier bei Pentacon 1979 Foto: Marion Gröning/SZ/imago

W as regen sich denn alle so auf, dass US-Präsident Donald Trump bestimmte Wörter nicht mehr lesen will? Climate crisis zum Beispiel, also Klimakrise. Oder commercial sex worker, man könnte auch einfach sagen: Prostituierte. Oder immigrants. Man braucht diese Wörter nicht, das Leben schnurrt auch ohne sie vor sich hin. So wie in der DDR. Klima­krise? Ach wo. So was gab es in der DDR nicht – wozu also ein Wort erfinden für etwas, das gar nicht existiert?

Oder Prostituierte. Das klingt voll obszön – und wäre den Genossen nie über die Lippen gekommen. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass der eine oder andere Genosse das eine oder andere Mal aushäusigen Sex hatte – aber Sex für Geld? So etwas konnte nur dem bösen Klassenfeind einfallen. Im Sozialismus lief das anders: Die Staatsführung schickte „Hostessen“ auf die Leipziger Messen, sie stellten unter Beweis, was die Geschäftsleute aus dem nichtsozialistischen Ausland ahnten, aber nie zu hoffen wagten: Die DDR ist arm, aber sexy.

In der DDR gab es auch keine Immigranten, es gab nur Vertragsarbeiter, und die kamen aus Vietnam, Angola, Kuba, Mosambik, Algerien. Das waren zwar Männer und Frauen – aber muss man da gleich gendern? Übrigens ein weiteres Wort auf Trumps Verbotsliste. In der DDR bestanden Frauen, die auf Lehramt studierten – und das waren mehr als Männer – darauf, zu sagen: Ich bin Lehrer.

Hat Trump bedacht, dass er und seine virilen Bros schwul werden könnten?

Zwar mussten in der DDR alle Russisch lernen, aber war es deshalb angemessen, „unsere sowjetischen Freunde“ einfach Russen zu nennen? Auch „Zone“ war kein schönes Wort für die Deutsche Demokratische Republik, so was gehörte sich einfach nicht. Und den Genossen Kurt Hager als „Chefideologen“ zu bezeichnen, grenzte schon an Verunglimpfung. Bei einem Wort aber wird es kompliziert: Frauen. Das wurde viel verwendet in der DDR – ohne Frauen wäre damals nichts gegangen.

Trump indes lässt Frauen aus dem ihm genehmen Vokabular streichen. Das klingt nicht so nett, aber nett sein geht eben nicht immer: In dem Sauladen muss doch mal jemand aufräumen, nur die Harten kommen in den Garten. Aber hat Trump bedacht, dass er und seine virilen Bros dadurch schwul werden? Wenn Frauen nicht existieren, mit wem sind seine Jungs dann verheiratet? Wohl doch nur mit einem anderen Mann. Oder mit einer Person, die non-binary, transgender, LGBTQ oder einfach queer ist? Das hat nicht mal Erich Honecker geschafft.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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4 Kommentare

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  • Hui. Dünnes Eis. In Zeiten, wo sich Shitstorm um Shitstorm über Menschen ergießt, die sich vor Jahren -nach heutigen Maßstäben- unangebracht oder unüberlegt geäußert haben, wo alte Bücher umgeschrieben und Gedichte von Fassaden entfernt werden. Wo grenzüberschreitende Satire nicht selten bewußt mißverstanden wird, halte ichs für schwierig, solche Tendenzen nur in Diktaturen zu suchen. Auch wenn das vielleicht nicht in Gesetze gegossen ist. Was dem einen die "Oma als Umweltsau", ist dem nächsten "das Schmähgedicht auf Erdogan". Das sagt man doch nicht!



    Uns wenns um Genderthemen geht, gibts heute auch Bundesländer, die das an Hochschulen verbieten, währende Andere, wenn man sie ließe, direkt den umgekehrten Weg gehen würden. Man kann zu allen diesen Themen unterschiedliche Ansichten haben und ja, selten wirds tatsächllich in Gesetze gegossen. Aber als "Sprachpolizei" produzieren sich auch in der liberalen Demokratie genügend Leute.

  • Wo ist der Sinn dieses Artikels?

    Mit dem Satz: "Nur Diktatoren verbieten unliebsame Wörter."



    ist er ersetzt.

    Es scheint mir eine falsche Darstellung zu sein, die Ausländer in der DDR als Immigranten zu bezeichnen. Sie waren aus Gründen zwischenstaatlicher Beziehungen zur Ausbildung in der DDR.



    Sie gingen danach zurück um in ihrem Herkunftsland weiter zu leben.

    Trotzdem hätte ein besserer Artikel diesem Thema sehr gut getan.

  • Interessanter Vergleich. Das hat ja seit Dem Dritten Reich, DDR, DDR2.0, Tradition. Ein Kennzeichen von Diktaturen.

  • Also ist Musks Tesla-Auto sowas wie der US-Trabant?

    Rückwärts immer, Vorwärts nimmer.