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Simone Schmollack Mitarbeiterin der WocheCristiane Murray

Illustration: Inga Israel

Maria 2.0, der bundesweite Streik katholischer Frauen gegen das männliche Machtgebaren in der katholischen Kirche, ist gerade mal gut zwei Monate her, da wird in Rom ein wichtiger Posten mit einer Frau besetzt: Das Presseamt des Heiligen Stuhls. Die brasilianische Journalistin Cristiane Murray wird Vizechefin der vatikanischen Pressestelle – als Stellvertreterin von Matteo Bruni.

Murray ist nicht die erste Frau in der Position, vor ihr war die Spanierin Paloma García Ovejero stellvertretende Vatikan-Sprecherin. Murray ist 57, Mutter zweier erwachsener Kinder und arbeitet seit 1995 in der brasilianischen Redaktion von Radio Vatikan. Sie spricht neben Portugiesisch auch Italienisch, Englisch, Spanisch und Französisch.

Ist das eine gute Nachricht für Maria 2.0? Dass der Papst darauf geachtet hat, da nun also wieder eine Frau hinzusetzen? Dass eine Frau zumindest nah dran ist am Pontifex, sein Vertrauen genießt? Wird es jetzt unter anderem schneller gehen mit der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche? Formal betrachtet könnte man sagen: Das Katholikenoberhaupt nimmt die Forderungen kritischer Kirchenmitglieder ernst und will die Institution glaubhaft modernisieren. Er erkennt den Zeitgeist an, der unter anderem heißt: (mehr) Frauen in katholische Führungspositionen.

Bei genauerer Betrachtung ist Murray dann aber eben doch nur, was sie ist: Stellvertreterin. Das Sagen hat traditionsgemäß ein Mann. Mit Bruni ist das zudem jemand, der den vatikanischen Medienapparat seit zehn Jahren bestens kennt und gut vernetzt ist.

Ungeachtet dessen dürften die beiden ohnehin nicht viel Spielraum haben. Denn der Papst hat mit einer weiteren Personalie längst Zeichen gesetzt: Bereits im Januar machte er den italienischen Journalisten und Buchautor Andrea Tornielli zum Chefredakteur aller Medien des Kirchenstaats. Tornielli ist bekannt dafür, Franziskus über den Klee zu loben und Kritikern mit scharfem Ton zu begegnen. Zugespitzt formuliert heißt das: Der Chefredakteur gibt den Ton vor, der Sprecher verlautbart, die Sprecherin steht derweil für die angebliche Modernisierung.

Maria 2.0 wird sich wohl noch eine ganze Weile gedulden müssen, bis die Kirche aufräumt und bis sie anfängt, Frauen ernst zu nehmen. Bis es so weit ist, hat sie sich womöglich selbst abgeschafft.

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