Simbabwe: Verfassungsänderung debattiert
Parlaments- und Präsidentenwahlen finden zeitgleich im März 2008 statt. Sollte Staatspräsident Mugabe vorzeitig aus dem Amt scheiden, kann das Parlament einen Nachfolger wählen.
JOHANNESBURG taz Das Parlament in Simbabwe hat am Dienstagnachmittag eine Änderung der Verfassung debattiert. Sollte der Antrag angenommen werden, können die Abgeordneten einen Nachfolger für Staatspräsident Robert Mugabe wählen, falls der 83-jährige Diktator im Amt stirbt oder zurücktritt. Die bisherige Verfassung sieht vor, dass ein Vizepräsident die täglichen Regierungsgeschäfte drei Monate vor Neuwahlen nach Mugabes Abtritt übernimmt.
Die geplante Verfassungsänderung sieht zudem vor, dass Präsidenten- und Parlamentswahl 2008 erstmals zusammengelegt werden. Parlamentswahlen waren für 2010 geplant. Mugabe, dessen Zanu-PF-Partei eine Zweidrittelmehrheit im Parlament hat, regiert seit 1980 in Simbabwe. Es wird erwartet, dass er bei den Präsidentschaftswahlen 2008 erneut kandidiert.
Nelson Chamisa, Sprecher der Oppositionspartei MDC (Bewegung für demokratischen Wandel), bewertet die Verfassungsreform als einen weiteren Schritt hin zu freien und fairen Wahlen im kommenden Jahr. Als Ergebnis dieser Maßnahme müssten auch neue Institutionen, wie zum Beispiel eine unabhängige Wahlkommission, gebildet werden, um die innenpolitische Krise in Simbabwe zu lösen. Zudem müssten die drakonischen Sicherheitsgesetze der Regierung gelockert werden. Diese Vorschriften hindern die MDC an politischen Aktivitäten und erlauben politische Versammlungen nur nach einer vorherigen polizeilichen Genehmigung. Diese wird fast nie gewährt.
Bisher hatte die Opposition stets eine komplett überarbeitete Verfassung gefordert, da nur auf dieser Grundlage faire Wahlen im März stattfinden könnten. Auf den jetzigen Kompromiss ließ sich die MDC laut Chamisa ein, da nun ein Prozess beginne, der zu einem neuen System führen werde. Doch das ist fraglich. Denn der neue Gesetzentwurf gibt Mugabe auch die Möglichkeit, den Senat von 66 auf 84 Mitglieder zu vergrößern und ebenfalls die Nationalversammlung von 150 auf 210 Parlamentarier aufzustocken.
Die Regierung bezeichnete die geplanten Änderungen der Verfassung als ein Ergebnis der Gespräche zwischen den beiden Parteien unter Leitung von Südafrikas Präsident Thabo Mbeki. Weitere offizielle Stellungnahmen liegen bislang nicht vor.
Die Internationale Krisengruppe (ICG) mit Sitz in Brüssel hat ebenfalls am Dienstag einen Bericht zur Lage in Simbabwe herausgegeben. Darin erklärt die Organisation, die Länder der südlichen Region seien die einzigen, die Einfluss nehmen könnten. Sie sollten sich daher hinter die Vermittlungsversuche von Südafrika stellen. Denn die westlichen Nationen und die von ihnen verhängten Sanktionen gegen das simbabwische Regime hätten sich bislang als weitgehend wirkungslos erwiesen.
Laut ICG stehe Simbabwe so nahe vor einem totalen Zusammenbruch wie nie zuvor. Die Inflationsrate ist mit derzeit 7.500 Prozent die höchste weltweit. Ein Viertel der Bevölkerung ist angeblich aus dem Land geflohen. Vier von fünf Simbabwern leben unter der Armutsgrenze.
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