Sigmar Gabriel vor Asse-Ausschuss: SPD hält Gorleben am Leben
Noch im Wahlkampf hatte Sigmar Gabriel gesagt, Gorleben sei "tot" – so will er das jetzt nicht mehr sehen. Gabriel kritisierte auch die "Wissenschaftsgläubigkeit" der Politik.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) ein Spiel auf Zeit bei der Sanierung des maroden Atommülllagers Asse vorgeworfen. "Mein Eindruck ist, dass Norbert Röttgen versucht, die Rückholung zu verzögern", kritisierte der ehemalige Umweltminister am Donnerstag vor dem Asse-Untersuchungsausschuss seinen Amtsnachfolger. Sachliche Kritik oder Parteipolitik im niedersächsischen Landtag?
Verzögerung führten angesichts des Zustands des Bergwerkes zu "der Gefahr, dass die Rückholung zeitlich nicht mehr möglich ist", argumentiert Gabriel. Die Standsicherheit des ehemaligen Salzbergwerkes sei nur noch begrenzt gegeben. Gabriel sprach sich selbst klar für die Räumung des maroden Atommülllagers aus. "Nur die Rückholung kann die Langzeitsicherheit gewährleisten", sagte er.
Die katastrophalen Erfahrungen mit der Asse sprechen für den SPD-Chef allerdings nicht generell gegen die Endlagerung von Atommüll in Salz. Parallel zu Gorleben solle man aber weitere Standorte untersuchen. "Man darf bei der Endlagerung nicht allein auf Gorleben, nicht nur auf ein Pferd setzten", sagte er. Ansonsten drohe bei einem Scheitern des Standortes Gorleben eine Internationalisierung der Atommüllentsorgung.
Gabriel rückte von seiner Wahlkampf-Äußerung ab, dass Gorleben als Endlagerstandort "tot" sei. Er habe seinerzeit nur auf die Gefahren eines Scheiterns des Endlagerprojektes vor Gericht und auf die Probleme bei einer Enteignung der Gorlebener Salzrechte hingewiesen. Zwischen den Endlagerstandorten Asse und Gorleben gebe es "objektive Zeugen", betonte der SPD-Chef. Anders als Gorleben sei die Asse durch Salzabbau schon vor der Einlagerung "löchrig wie ein Schweizer Käse" gewesen. Er bezeichnet die Asse als einen der größten Problemfälle in Europa.
Der SPD-Chef berichtet, er persönlich habe das Bergwerk zum ersten Mal bereits als Schüler besucht. Damals habe er sich gewundert, dass man ausgerechnet in einer Grube mit zwei abgesoffenen Nachbarschächten Atommüll einlagere. Schon damals hätten die verantwortlichen Wissenschaftler gelogen und verschwiegen, "dass die Grube schon bei Beginn der Einlagerung nicht trocken war".
Der SPD-Chef kritisierte die Wissenschaftsgläubigkeit der Politik und hob die Rolle der Bürgerinitiativen bei der Asse lobend hervor. Die Bürgerinitiativen hätten immer auf die Probleme des Atommülllagers hingewiesen. Demgegenüber habe die Politik Aussagen von Wissenschaftlern vertraut, die sich als falsch herausgestellt hätten. "Die gleichen Leute, die Asse für sicher erklärt haben, behaupten heute das Gleiche für Gorleben", sagte Gabriel."
Parallel zur Entscheidung des Bundesamtes für Strahlenschutz, die 126.000 Atommüllfässer zurückzuholen, habe Röttgens Bundesumweltministerium aber im Entwurf eine Pressemitteilung verbreitet, die die Rückholung als nicht realisierbar bezeichnet. Deshalb - so Gabriel - gebe es die Vermutung, Röttgen wolle Fakten schaffen.
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