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SiemensKraftwerksparte steckt mit im Sumpf

Der Korruptionsskandal bei Siemens weitet sich aus - statt 420 Millionen soll der Konzern über 1 Milliarde Euro in schwarze Kassen verschoben haben.

Hinter diesen Mauern gab es mehr dubiose Transfers als bislang angenommen. Bild: dpa

MÜNCHEN taz Der Trubel um die Übernahme der Siemens-Sparte VDO durch Continental hätte den Korruptionsskandal fast in Vergessenheit geraten lassen. Doch spätestens seit der Vorstellung der Siemens-Quartalszahlen Ende Juli wussten aufmerksame Beobachter: Da kommt noch etwas. Schließlich hatte es dort geheißen, dass das Volumen der fragwürdigen Transfers "deutlich über dem Betrag der zum Ende des Geschäftsjahrs 2006 untersuchten Zahlungen" liegt. Nun ist die Bombe geplatzt: Interne Ermittler der US-Kanzlei Debevoise & Plimpton stießen auf dubiose Zahlungen in Höhe von mehr als 1 Milliarde Euro.

Allein in der Kommunikationssparte Com, so berichtet die Süddeutsche Zeitung, hätten die Anwälte fragwürdige Beträge von fast 900 Millionen Euro entdeckt. Damit ist mehr als doppelt so viel Geld in dunklen Kanälen versickert wie bisher gedacht. Im Dezember 2006 hatte Siemens dubiose Transfers in Höhe von 420 Millionen Euro zugegeben.

Die Staatsanwaltschaft München teilte auf Anfrage der taz mit, dass es noch in diesem Herbst zu ersten Anklagen im Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen bei Com kommen soll. Sie nannte allerdings keine Namen.

Doch offenbar ist nicht nur die Kommunikationssparte in die Affäre verwickelt. Auch in der Kraftwerktechnik sollen dreistellige Millionenbeträge auf ausländische Konten verschoben worden sein - von 250 bis 300 Millionen Euro ist die Rede. Prüfer der Erlanger Kanzlei Bissel und Partner sind auf zahlreiche unerklärliche Geldtransfers über Konten in Liechtenstein und Abu Dhabi gestoßen. Sie hatten bereits Ende Januar 2005 den Auftrag erhalten, die Kraftwerksparte unter die Lupe nehmen. Es spreche einiges dafür, dass es sich bei den Zahlungen nicht um saubere Geschäfte handle, zitiert die Süddeutsche Zeitung aus dem Umfeld der internen Ermittler.

Auch die Verwicklung dieser Sparte in die Korruption war im Quartalsbericht angedeutet worden. Dort war die Rede von "deutlichen Zahlungsvolumen" in anderen Geschäftsbereichen, für die nur "begrenzte Dokumentation" vorliege. Beobachter hatten gemutmaßt, dass es sich nur um die Kraftwerktechnik handeln könnte. Im Mai waren zwei ehemalige Manager der Sparte zu Bewährungsstrafen verurteilt worden, weil sie für einen Gasturbinen-Auftrag Schmiergeld nach Italien überwiesen hatten.

Bei Siemens gibt man sich nach den neuesten Enthüllungen zugeknöpft. "Zu Details der Untersuchung können wir keine Stellung nehmen", sagte ein Sprecher der taz. Nur so viel: Man sei an einer umfassenden Aufklärung interessiert und unterstütze die Arbeit der Behörden und internen Ermittler.

Das ist dem Konzern auch zu raten. Sollte er die Aufklärung blockieren, könnten US-Börsenaufsicht SEC und US-Justizministerium die Untersuchung an sich reißen. Die Ermittler von Debevoise & Plimpton halten die Behörden wöchentlich auf dem Laufenden.

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