: Siegreiche Rivalin
Bangladesch erhält heute eine neue Regierungschefin. Begum Khaleda Zia und Scheikh Hasina Wajed wechseln sich seit zehn Jahren an der Macht ab
von BERNARD IMHASLY
Heute wird Begum Khaleda Zia als neue Premierministerin von Bangladesch vereidigt. Bei den Wahlen am 1. Oktober hatte die Koalition um ihre „Bangaldesh Nationalist Party“ (BNP) eine Zweidrittelmehrheit gewonnen. Seit 1991 ist es bereits das zweite Mal, dass Khaleda an die Macht kommt. Und sie löst dabei wiederum ihre alte Rivalin Sheikh Hasina Wajed von der „Awami Liga“ ab.
Die Karrieren beider Frauen verlaufen weiterhin parallel. Khaleda ist mit 56 Jahren zwar zwei Jahre älter als Hasina. Deren Aufstieg ins oberste politische Amt war durch den Tod ihres Vaters ermöglicht worden, während Khaleda die Witwe von Zia ul Rahman ist, der Hasinas Vater im Amt gefolgt war. Doch in beiden Fällen war es ein gewaltsamer Tod gewesen, Hasinas Vater Mujibur Rahman 1975 durch die Kugeln von Armeeputschisten, Zias Gatte 1981 in einem Attentat, das nie geklärt wurde.
Zwischen diesen beiden Daten lag die Regentschaft von Zia ul Rahman, dem Mann, von dessen Vermächtnis seine Witwe heute noch zehrt. Nach den chaotischen Gründungsjahren gab Zia dem armen Land erstmals eine Entwicklungsstrategie, führte administrative Reformen ein und lebte mit seinem bescheidenen Lebensstil vor, dass Politik nicht nur eine Karriere für persönliche Bereicherung war. Zwanzig Jahre später wohnt Begum Khaleda Zia mit ihren beiden Söhnen noch immer im gleichen Haus, das Zia bereits als Brigadier im Bezirk von Dhaka bezogen hatte. Damals war sie noch die typische passive Offiziersgattin mit dem Kosenamen „Putul“ (Puppe).
Nur zwischen 1991 und 1996 hatte sie ihr bescheidenes Haus mit dem Amtssitz der Premierministerin vertauscht. Khaleda hatte den Parteivorsitz der BNP 1982, wenige Monate nach Zias Tod, übernommen. Sie kämpfte an der Seite von Sheikh Hasina gegen die Militärregierung von General Ershad. Doch kaum war 1991 die Demokratie wieder hergestellt, war es mit der Zusammenarbeit der beiden Frauen vorbei. Alte Verdächtigungen – Zias angebliche Verwicklung im Mord an Hasinas Vater – machten aus der politischen Rivalität auch eine persönliche Feindschaft. Die Niederlage trieb Hasina damals in den Schmollwinkel von Parlamentsboykotts und zahllosen Streiks.
Khaledas erste Amtszeit war farblos. Erst als Sheikh Hasina 1996 die Wahlen gewann, erwachte die Oppositionsführerin Khaleda wieder und eiferte ihrer Rivalin nach – sie brachte es auf 93 Generalstreiks. Schon in ihrer ersten Regierungsperiode hatte Khaleda mit der „Jamaat Islami“ zusammengearbeitet. Ein gemäßigter Islam und eine pointierte Distanz zu Indien markierten die Politik der BNP, während sie wirtschaftspolitisch marktfreundlicher war als die Awami Liga. In der jüngsten Parlamentswahl ging die BNP mit der Jamaat und einer noch radikaleren islamischen Partei gar ein Wahlbündnis ein. Mit ihrer Zweidrittelmehrheit könnte die Koalition nun eine islamische Verfassung einführen. Dies wird kaum passieren, denn der Erdrutschsieg ist das Resultat des Mehrheitssystems und verbirgt zwei gleich starke politische Kräfte. Beide vertreten ein Wählervolk, das die Parteien nach ihrer Fähigkeit beurteilt, das Land wirtschaftlich vorwärtszubringen. Das hat Hasina wohl den Sieg gekostet. Khaleda dagegen profitiert immer noch vom Hausfrauenbonus und ihrem Namen „Putul“. Auch wenn inzwischen jede Frau weiß, dass dies nur eine clevere Verkleidung ist.
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