piwik no script img

Siegfried Kauder fordert InternetverbotOffline-Arrest für Filesharer

Siegfried Kauder hat die Netzgemeinde gegen sich aufgebracht. Er will Copyright-Sündern das Netz sperren. Das könnte den Piraten in die Hände spielen.

Schnipp-Schnapp: Siegfried Kauder (CDU) will Copyright-Sündern das Netz abschalten. Bild: imago

BERLIN taz | Ein Vorstoß des CDU-Politikers Siegfried Kauder sorgt in der Netzgemeinde für Spott und Empörung. Kauder will Internetnutzern bei wiederholten Copyright-Verstößen den Netzzugang sperren. Dies kündigte er Medienberichten zufolge vor Vertretern der Musikindustrie an.

Kauder lehnt sich mit seinem Modell an eine französische Regelung an. Dort werden Nutzer, die illegal Inhalte herunterladen, zunächst zweimal verwarnt. Nach dem dritten Verstoß wird ihnen für mehrere Monate der Internetzugang gesperrt.

Für Deutschland schwebt Kauder ein Offline-Arrest von wenigen Wochen vor. Bis Weihnachten will er einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.

Auf Social-Media-Kanälen wie Twitter und in Blogs schwankt die Stimmung zwischen Empörung und Spott. Unter Stichworten wie "Kauderwelch" und "Kauderstrike" weisen Nutzer beispielsweise darauf hin, dass Kauder Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände ist.

Andere unterstellen, Kauder betreibe Wahlkampf für die Piraten und spiele der Partei in die Hände. Die Piraten setzen sich vor allem für Datenschutz, Informationsfreiheit und die Reform des Urheberrechts ein.

Protest kommt auch von Internetlobbyisten, Oppositionspolitikern – und der FDP. Der liberale Bundestagsabgeordnete Manuel Höferlin kommentierte Kauders Ideen auf Twitter: "Jeder MdB kann sagen kann was er will. Nur Aussicht auf Erfolg hat so etwas mit der FDP nicht!"

Kauders Vorstoß kollidiert auch mit dem Koalitionsvertrag von Union und Liberalen. Dort heißt es: "Wir werden keine Initiativen für gesetzliche Internetsperren bei Urheberrechtsverletzungen ergreifen."

Piraten warnen vor Privatisierung der Strafverfolgung

Die Piratenpartei kündigte Widerstand gegen Kauders Vorschlag an. Der bayerische Piratenchef Stefan Körner warnte zudem davor, die Rechtsverfolgung von Urheberrechtsverbrechen in die Hände privater Konzerne zu legen.

Netzlobbyist Markus Beckedahl vom Verein Digitale Gesellschaft argumentiert, dass das Vorhaben ein ehernes Prinzip durchbreche. "Der Internetanbieter ist nicht für die transportierten Inhalte haftbar und soll sich ausdrücklich nicht um diese kümmern. Die Post schickt Ihnen auch keinen Warnbrief, wenn Sie eine Kopie eines Zeitungsartikels verschicken", so Beckedahl.

Bereits im Sommer 2011 hatte sich der Sonderbeauftragte der Uno für Meinungs- und Pressefreiheit, Frank la Rue, für universellen Netzzugang ausgesprochen (PDF). Er wies darauf hin, dass Internetsperren, aus welchen Gründen auch immer, unverhältnismäßig seien. Die Sperren verstießen zudem gegen den internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte.

Ein Twitter-Nutzer kommentierte den Kauder-Vorstoß auf seine Weise. "Für weitere #Piraten-Prozente wird gesorgt. Vorbildlich!"

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • H
    Heedi

    Das fände ich schon übertrieben, wenn eine Industrie auf einmal auch rechtlich bestrafen darf.

    Das Internet gehört doch schon längst zu der informativen Grundversorgung wie Zeitung, Radio und TV. Niemandem dürfen Informationen verweigert/ vorenthalten werden. Das würde gegen das Grundgesetz verstoßen.

     

    Da hat mal einer echt gut nachgedacht...

  • H
    Hansen

    Selten etwas Dümmeres gehört und gelesen von einer öffentlichen Person. Wer wählt solche Personen in die oberste deutsche Volksvertretung?

    Hansen

    Norwegen

  • K
    Karlheinz

    Bitte macht euch nicht weiter überall im Netz mit der Anspiegelung auf die Bundesvereinigung der Musikverbände lächerlich. Da sind nur Spielmannszüge und Blaskapellen usw. drin. Könnte man wissen. Wenn man einmal mehr klickt.

  • F
    Foobär

    Was hat der BDMV mit der Urheberrechtslobby zu tun? Ich bitte mal um Erklärung. Ich denke, hier interpretieren einige wieder mal zu viel in etwas hinein und dann schwätzen es alle nach und schon entsteht eine Hysterie um nichts.

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesvereinigung_Deutscher_Musikverb%C3%A4nde

     

    Was den Vorschlag an sich angeht: Ich würde da mal ganz ruhig bleiben. Der ist so offensichtlich nicht durchsetzbar, dass mir die ganze Aufregung darum verfehlt scheint.

  • B
    broxx

    @Martin

    Na endlich mal ne gute Idee! Dann wäre Stille in Deutschland

  • DD
    @ dieter

    OK! Schoen zu wissen, dass Sie noch einen Gott haben (auch wenn Sie ein "n" im Namen zu viel verwenden :o)

    aaber: "Nicht erlaubt ist dagegen die unautorisierte kommerzielle Nutzung von urheberrechtlich geschützten Leistungen anderer."

    Wo ist die Kommerzialitaet bei Filesharing?

  • L
    Lutze

    Würden unsere korrumpierbaren Volksvertreter endlich einmal UNCOC ratifizieren, wäre einer wie dieser Herr S. Kauder vermutlich im Gefängnis, und zwar mit Recht.

     

    Diese Zustände, welche wir hier in Deutschland noch immer erdulden müssen, wäre in den meisten europäischen Ländern strafbar, dank UNCOC, aber unsere Volkstreter zeigen lieber mit nackten Finger auf Andere und spielen sich auf als wohlfeile Gesellen, und...die Wahrheit bzw die Tatsachen belegen das genaue Gegenteil.

     

    Erbärmlich und lächerlich!!!

     

    Diese Gesellen sollte man tatsächlich einsperren!!

  • J
    Jebenaya

    Vorsicht allen, die jetzt argumentieren, man könne ja viele Wege ins Netz nutzen!

    Denkt bitte nicht, das Kauder und Konsorten komplett verblödet sind.

    Was meint Ihr wohl, was nach der Einführung von Netzsperren mit sicherheit kommen wird....Richtig, nur noch zugang in Netz personalisiert, keine Internetcafes ohne Ausweis, personalisation jedes zugriffes ins Web, jederzeitige kontrolle über Wer/Was/Wo/Wann.

    Ich wette meinen Allerwertesten darauf, das solche Pläne schon längst in den Schubladen liegen.

  • HP
    Hamburger Pirat

    Die Rechtsverfolgung ist durch die staatliche geförderte Abmahnerpressung schon lange privatisiert. Das Tolle daran:

     

    Die Großteil der Abmahn-"Kosten" landet nicht im Stadtsäckel (oder gar bei den Künstlern), sondern gleich in der Tasche von Anwälten und "Interessenvertretern".

     

    Angefangen hat dies im großen Stil unter der "Sozialdemokratin" Zypries, geändert hat sich unter der "liberalen" "Demokratin" LS: so gut wie nichts.

  • O
    Olli

    Also ich verstehe nicht wie das in der Realität von statten gehen soll?

    Es gibt so viele Möglichkeiten Zugang zum Internet zu bekommen, und sei es das ich mich in das nächste Café mit freiem W-Lan setze.

     

    Finde das Vorgehen ziemlich realitätsfern

  • R
    Richard

    Herr Kauder ist Präsident der Bundesvereinigung deutscher Musikverbände e.V.

     

    Ein Paradebeispiel für die Verquickung von einem öffentlichen Amt und wirtschaftlichen Interesse einer Minderheitengruppe.

     

    Lobbyismus pur und ein Paradebeispiel dafür wie ein gewählter Vertreter des Volkes die Interessen des Volkes eben NICHT vertritt.

     

    Wer das nicht glauben mag der möge sich bitte selbst informieren: http://www.bdmv-online.de/wir-ueber-uns/praesidium

  • K
    kotelette

    Das kann man eigentlich nicht ernst nehmen. Bar jedem Verständnis von Struktur und Funktion des Internets sollte man diesem Lobbyisten jede Macht über Gesetze entziehen.

  • M
    multypla

    ...der arme Mann, wie weit enfernt von der Realität kann man sich befinden und dann auch noch ernsthaft glauben sie zu begreifen. Wenn das verwirklicht werden sollte dann gehen damit nur kleine Fische ins Netz, die großen "Leecher" wird man damit nie stellen, die sitzen irgendwo im Ausland zumeist Russland. Man sollte zudem beachten das mitlerweile manche Künstler mehr Geld mit der Strafverfolgung von "Raubkopierern" verdienen als mit Ihren eigentlichen Plattenverkäufen, so liegt der Verdacht von Lobbyismus sehr nahe. Regierungen sollten sich endlich komstruktiv mit dem Internet auseinandersetzen anstatt solche einzelnen (total unötigen Aussagen zu treffen)

  • D
    dieter

    " Die Post schickt Ihnen auch keinen Warnbrief, wenn Sie eine Kopie eines Zeitungsartikels verschicken", so Netzlobbyist Beckedahl.

     

    Mein Gott Herr Beckendahl, warum sollte die Post das auch tun, denn das Urheberrecht gewährt ja ausdrücklich das Recht auf die Privatkopie. Nicht erlaubt ist dagegen die unautorisierte kommerzielle Nutzung von urheberrechtlich geschützten Leistungen anderer. Ok?

  • OL
    Off line

    Den Piraten spielt das nur in die Finger, wenn die Betroffenen wüssten, das sie betroffen sind.

     

    heise/Newsticker: hausfrauen computerpiraten

    vom 12.11.2000

     

    Wenn der Blogger seine Bilder nicht lizensiert hat oder man Ebay-Auktions-Fotos anschaut, die von den Verkäufern "geklaut" wurden, ist man ja auch schon ein böser Raubkopierer und kann abgeholt oder abgeschaltet werden.

     

    Es geht nur noch darum. die Ausbreitung des "bösen" Internets zu verhindern wo immer geht.

    Die wahren Demokratisierungs-Softwaren gibts ja noch gar nicht. Weil Piraten und Presse und Grüne und Gewerkschaften und alle anderen die das angstfreier dürften als kleine Toll-Collect-Programmierer, in keinster Weise interessiert sind.

     

     

    Sprache wirkt und das sollte man nutzen:

    BERLIN taz | Ein Vorstoß des CDU-Politikers Siegfried Kauder

    ...

    weisen Nutzer beispielsweise darauf hin, dass Kauder Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände ist.

     

    Besser (warum gibts keine Bewertungs-Systeme für Genossen um Schreib-Stile zu verbessern ?):

    BERLIN taz | Der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände und CDU-Politiker (Abgeordneter ? )Siegfried Kauder ...

    Man muss nicht immer Pawlow-mäßig (wie die Reaktionären die automatisch "liberal" "gottlos" "sozialistisch" usw. von sich geben) "CDU-Politiker" als erstes dranschreiben wenn mal was anderes wirksamer wäre.

    Sonst macht taz-Spenden-Watch keinen Sinn. Dort korrelliert man ja auch Spenden mit politischen Handlungen. Übertragen auf diesen Artikel wäre das "Präsident der Musikverbände" vermutlich relevanter gleich neben dem Namen und nicht als versteckte Endnote ganz unten im Kleingedruckten wo eh keiner mehr liest (das war übertrieben dargestellt).

     

    Statt also die Staatsschulden abzubauen wofür er als Abgeordneter (?) doch wohl bezahlt wird, verspricht er Machtdurchsetzungsmodelle an seine Vereinsfreunde.

  • F
    Felix

    Verstehe die Empörung aber technisch kann man das nur im Gefängnis oder ähnlichen Einrichtungen durchführen. Mailaccounts zu sperren ist mit unserem Recht nicht vereinbar, alles andere geht doch gar nicht, denn selbst wenn die ganze Nachbarschaft den Bann des Users unterstützt, wer hindert einen Freund daran dem Schuldigen eine UMTS-Karte zur Verfügung zu stellen? Also nichts als heiße Luft auf allen Seiten.

  • H
    Hans

    Herr Kauder hat auf seiner Homepage selber 2 Fotos benutzt die urheberrechtlich geschützt sind, wird ihm dann sein internet gesperrt , waren doch 2 Strikes?

  • M
    Martin

    Wenn verlogene oder dumme Politiker Sprechverbot bekommen, kann man über vieles reden ...