Siegeszug des Berliner Eishockeyclubs: Die Eisbären auf der Erfolgsschiene

Als erste Mannschaft ziehen die Eisbären Berlin in die Play-off-Finalrunde ein. Der Eishockeyclub scheint derzeit unschlagbar: drei Heimsiege in vier Tagen - und mit dem Umzug in die neue Arena ist man auch zum Finanzkrösus der Liga geworden.

Dreimal ließen Manager John Lee und Assistenztrainer Hartmut Nickel am Freitagabend ihre Schädel aufeinanderprallen. "Bald werden wir das viermal machen", kündigte Nickel fröhlich an. Die freiwilligen Kopfkollisionen stehen für die drei Meisterschaften in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) in den vergangenen vier Jahren.

Nach dem 5:3 Erfolg gegen die Frankfurter Lions wächst bei den Eisbären Berlin die Zuversicht in dieser Saison den vierten Titel zu holen. Denn mit diesem Sieg war - unabhängig vom Ausgang der Sonntagspartie in Straubing, die nach Redaktionsschluss endete -klar, dass die Berliner als Erste in die Play-offs starten werden. Ihnen steht damit bei den entscheidenden Duellen um die Meistertrophäe jeweils ein Heimspiel mehr zu. Zudem garantiert ihnen der vorderste Tabellenplatz für die nächste Spielzeit die Teilnahme an der Champions-Hockey-League-Qualifikation.

Die kernige Art, mit der Lee und Nickel ihrer Freude Ausdruck verliehen, wirkte in der Arena am Ostbahnhof wie ein archaisches Überbleibsel aus alten Zeiten. In der modernen Multifunktionshalle wird jede Veranstaltung zum "Event" hochgejazzt. Die mitunter rauen Kufensportler verkauft man als zauberhafte Unterhaltungskünstler. In diesem Sinne bilanzierte John Lee nach der Begegnung: "Die Leute haben heute wieder sehr viel Unterhaltung für ihr Geld geboten bekommen."

Dass die Integration der Profisportler in den Businessbetrieb der Arena so reibungslos gelingen würde, ist keine Selbstverständlichkeit. Nicht zum ersten Mal mussten die Eisbären wegen anderer Veranstaltungen in der Halle ihren Spielplan umschmeißen. In der entscheidenden Phase der Saison standen deshalb vorige Woche drei Heimspiele in vier Tagen auf dem Programm. Eigentlich ein Nachteil gegenüber der Konkurrenz. Die Eisbären aber machten nicht nur ein Geschäft daraus, indem sie Schals mit dem Slogan "Heimspiele wie noch nie" verkauften, sie gewannen auch alle Partien. Fast ohne Verschnaufpause wiesen die Eisbären die Herausforderer hintereinander weg in ihre Schranken. Gegen Nürnberg und Mannheim siegten sie souverän mit jeweils 7:2, gegen Frankfurt (5:3) mit letzter Kraft - zwischenzeitlich lagen die Eisbären mit 1:3 im Rückstand. Am triumphalen Ende des Abends hätte man fast glauben können, dass diese dicht bepackte Woche von vornherein als dreiteilige Show geplant war, an deren Ende das krönende Finale stand, die erstmalige und letztlich entscheidende Übernahme der Tabellenführung seit September.

Dieses Bravourstück war jedoch nur möglich, weil die Eisbären von Jahr zu Jahr mehr von ihrer konzeptionellen Arbeit profitieren. Wie kein anderer Club in der Deutschen Eishockey-Liga investiert der Club in seine Nachwuchsarbeit. Alle mittlerweile acht deutschen Nationalspieler im Team sind vom Verein selbst ausgebildet worden. Jedes Jahr rücken weitere Talente ans Profiteam heran. Spieler wie Florian Busch, André Rankel und Frank Hördler aus der ersten Generation der vereinseigenen Ausbildungsstätte haben sich zu verlässlichen Größen im Team entwickelt. Und die neuen Hoffnungsträger, Constantin Braun (20) und Alexander Weiß (22) etwa, machten gerade in den letzten Begegnungen mit vielen Toren auf sich aufmerksam. Die Eisbären sind längst nicht in dem Maße von ausländischen Leistungsträgern abhängig wie die Konkurrenz. Zwei Ausländerlizenzen wurden gar nicht in Anspruch genommen. Trainer Don Jackson ergänzte seinen Kader vor dieser Saison nur um zwei Profis. Die Mannschaft ist eingespielt.

Mit dem Umzug in die neue Arena sind die Eisbären nun auch zum Finanzkrösus der Liga aufgestiegen. Mit etwa 14.000 Zuschauern im Schnitt hat man die Quote vom Vorjahr mehr als verdreifacht. Kein anderer europäischer Eishockeyclub zieht so viel Publikum an. Im Vermarktungsbereich nimmt der Verein gewiss ebenfalls ein Vielfaches ein. Geschäftsführer Billy Flynn nennt zwar keine Zahlen, macht aber deutlich, dass man im Unterschied zum Großteil der Konkurrenz sorgenfrei in die Zukunft schaut. Die weltweite Finanzkrise beeinträchtige den Club in seiner Planung nicht. Kein einziger Sponsor sei abgesprungen. Und den immens hohen Zuschauerzuspruch hält er nicht für eine Modeerscheinung. "Wir haben hart dafür gearbeitet", sagt er. Man habe eine Datenbank von 70.000 Personen aufgebaut. Per SMS, E-Mail oder Postadresse würden alle regelmäßig darüber informiert, welche Spiele ausverkauft und welche Karten noch zu haben seien. Die Eisbären scheinen der Konkurrenz auf allen Ebenen zu enteilen. Droht der DEL eine Ära der Langeweile?

Hans Zach, Trainer des Tabellenzweiten Hannover, hat sich offenbar schon drauf eingestellt. Er sagte: "Wir wollen Erster hinter den Eisbären werden."

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