piwik no script img

SiedlungspläneIsrael verbaut sich die Zukunft

Israels Premier Netanjahu lässt sich von der ungewohnt heftigen Verurteilung seiner Politik im Ausland nicht beirren. Und legt einen höheren Gang ein.

Siedlungsgebiet E 1: Geht es nach Netanjahuh, soll der palästinensische Junge mit dem Esel verschwinden. Bild: dapd

JERUSALEM taz | 1.500, 2.600, 6.000 – Israels Ankündung neuer Bauvorhaben stellt sich dar wie die Auktion eines Wertstückes. Dreimal hintereinander allein in einer Woche steigerte die Regierung in Jerusalem die Zahl für neue Wohnungen im besetzten Palästinensergebiet. Ungeachtet der scharfen internationalen Kritik .

Mit Ausnahme der USA verurteilten am Mittwoch 14 der insgesamt 15 Mitgliedstaaten des UN-Sicherheitsrats die israelische Siedlungspolitik und forderten Jerusalem zum sofortigen Baustopp auf. Obschon das Weiße Haus eine formelle Verurteilung Israels im Sicherheitsrat verhinderte, verurteilte auch Washington Netanjahus Politik, die es als „System provokativer Aktionen“ bezeichnete.

Zum ersten Mal stimmte auch die Bundesregierung im UN-Sicherheitsrat gegen den israelischen Siedlungsbau. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach von einem „gefährlichen Weg“.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lässt sich von der ungewohnt heftigen Verurteilung seiner Politik im Ausland indes nicht beirren. Er sei „dem Frieden und der Hauptstadt verpflichtet“, meinte er, Siedlungen rings um Jerusalem seien in Israel Konsens. Die Baupläne stammten zum Teil noch aus der Zeit Jitzhak Rabins. Der frühere Regierungschef war aufgrund seiner Friedenspolitik von einem jüdischen Fanatiker erschossen worden.

Palästinenser gewarnt

Dass die israelische Regierung einen höheren Gang im Siedlungsbau einlegt, ist zum einen Reaktion auf den Antrag der PLO auf den Status eines UN-Beobachterstaats, und zum Zweiten ein wahlpolitisches Manöver der rechtsnationalen Listen Likud und Israel Beitenu, die gemeinsam Ende Januar zu den Wahlen antreten.

Netanjahu hatte die Palästinenser gewarnt, vor die UN-Vollversammlung zu ziehen. Ende November entschieden die Mitgliedstaaten mit überragender Mehrheit für die Anerkennung Palästinas als Beobachterstaat ohne Mitgliedschaft.

Die Bauvorhaben befinden sich in unterschiedlichen Stadien der Umsetzung. Israels Botschafter bei den UN, Ron Prosor, sprach von „Jahren“, die es noch dauern könne, bis die Regierung in letzter Stufe über den tatsächlichen Baubeginn entscheiden werde. Der UN-Sicherheitsrat konzentrierte sich vor allem auf die Planungszone „E 1“, mit deren Bebauung den Palästinensern der Weg nach Jerusalem abgeschnitten werden würde.

Online-Berichten der Tageszeitung Maariw zufolge bestehen im Außenministerium von Jerusalem Befürchtungen, der für März erwartete Bericht des UN-Menschenrechtsrats zur israelischen Siedlungspolitik könne zu einem „zweiten Goldstone-Bericht“ werden.

Der Jurist Richard Goldstone war nach dem Gazakrieg vor vier Jahren von der UN mit einer Untersuchung beauftragt worden. Er beschuldigte Israel in seinem Bericht der Kriegsverbrechen, wobei er später sein Urteil leicht abmilderte. Beobachter vermuten, dass Israel beim jüngsten Gazakrieg vor vier Wochen auch aufgrund des Goldstone-Berichts von einer erneuten Bodenoffensive absah.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • HW
    Herr wirft Hirn

    Warum hat eigentlich noch keiner weiter gedacht. Nicht nur die internationale Förderung Israels/der Palestinenser streichen, bis Frieden ist...

     

    Wenn sie es unbedingt brauchen, wirds halt gemacht wie auch in anderen Krisenregionen. Die internationale Gemeinschaft (UN) schickt einfach in alle Gebiete Israels/der Palestinensischen Autonomiegebiete (konfliktunbezogene/ausgewählte) Blauhelme und stellt Israel und die Palästinensischen Autonomiegebiete unter UN-Zwangsverwaltung, bis alle sich an die vereinbarten Spielregeln halten und die Zweistaatenlösung eingeführt ist.

     

    Wir können die bockigen Kinder natürlich auch noch Jahre weiter miteinander spielen lassen, aber das nützt nur Waffenproduzenten und religiösen Extremisten und leider haben sie ja gezeigt, dass sie es nicht alleine können.

     

    ...alternativ gibts noch die Lösung: Bomben für alle, bis da keine/r mehr wohnt...

  • BG
    Bodo Goldmann

    Die einen bauen Häuser und Wohnung (unter dem Schutz ihres Militärs im eroberten Gebiet), die anderen dürfen nicht bauen.

    Denn Neubauten palästinensischer Häuser erlaubt die Besatzungsmacht nicht, im Gegenteil: durch die bekannten Hauszerstörungen wird die Anzahl der palästinensischen Häuser immer geringer.

    Ein unterschiedliches Baurecht, je nach ethnischer/religiöser Zugehörigkeit.

    Unterschiedliche Straßen, unterschiedliche Bewegungsfreiheit, unterschiedliche Rechte auf Wasser und Land - letztendlich: unterschiedliche Menschen-Rechte. Nach ethnischer/religiöser Zugehörigkeit: Apartheid. Und das mit Förderung und Unterstützung Europas und der USA.

  • NU
    Na und?

    Was haben die Israelis zu verlieren? Die Araber hassen sie und wollen sie umbringen. Jetzt hassen die Araber sie und wollen sie umbringen aber man hat mehr Wohnungen. Europas Linke wollen jetzt Israel weghaben? Das wollen sie seit 1968. Langsam haben sie ihren Zenith in Europa überschritten und es fehlt nur noch ein zweites 1989. Die Sympatie für Araber steigt ja in Europa außerhalb der Medien nicht gerade an. Man muß dazu nur als nichtorientalischer Jugendlicher ein Freibad einer westeuropäischen Großstadt besuchen. Die Zukunft kann man sich ausrechnen und es wird nicht 40 Jahre dauern bis es so weit ist, daß sich in Europa die Dinge massiv ändern. Sarrazin schon vergessen? Bis dahin halten die Israelis durch.

  • M
    max

    Lieber Lothar,

     

    anders als Sie haben sich andere menschen schon die Mühe gemacht, Juristen zu diesem Thema zu befragen und zwar welche, die es wissen müüsen. Der Internationale Gerichtshof hat in einem Gutachten längst festgestellt, dass die Siedlungen samt und sonders rechtswidrig sind. Kann man nachlesen.

    Deswegen hat die Welt auch Schiss davor, dass die Palästinenser klagen. Anschließend muss man nämlich entweder Israel zur Anerkennung und Umsetzung des Rechts zwingen, oder man muss anerkennen, der Internationale Gerichtshof ein zahnloser Tiger ist, weil mindestens ein Land der Welt auf seine Rechtsprechung scheißt (und sich dann die anderen Länder fragen werden, ob sie nicht einfach auch drauf scheißen).

    Oder

  • RT
    reiner tiroch

    1100 illegal gebaute Siedlungen brachten 1100 x gegenwehr um Behaupten zu können angegriffen worden zu sein. jetzt geht die freche Zersiedelei weiter, und wir sollen bei Angriffen wohl noch die Siedlungen schützen? nebenbei ist netanjahu bereit gegen den Iran auf den Knopf zu drücken? das riecht nach Demenz.

  • U
    Ute

    Man würde ja vielleicht noch verstehen, wenn Besatzung nur bedeuten würde, das israelisches Militär über die Gebiete und damit die Menschen dort eine gewisse Kontrolle ausüben würde, die das Entstehen einer militärischen Bedrohung ausschließen würde.

    Aber auch dies wäre ebenso durch eine internationale Eingreiftruppe vorstellbar, die dazu von der UN beauftragt würde.

     

    Was aber in den 1967 besetzten Gebieten geschieht ist Landnahme, Kolonisierung.

  • L
    Lothar

    Goldstone hat sein urteil nicht "leicht abgemildert", er hat es revidiert, und er hat seinen ganzen Bericht als Fehler bezeichnet. Die Siedlungen sind nicht völkerrechtswidrig, wie man leicht erkennt, wenn man sich einmal mit der angeblichen rechtlichen Grundlage für die Verurteilung, die Passagen aus der Genfer Konvention ansieht, die dafür angeblich ausschlaggebend sind, aber gar keine Anwendung finden können, da es in den Gebieten, um die es geht, bis 1967 keinen anerkannten Souverän gab. Aber die angeblichen Völkerrechtsverteidiger in der UN schert das Völkerrecht in Wahrheit nicht, es geht darum, auf Israel einzudreschen; traditionell auch Lieblingssport der deutschen Linken und scheinbar auch der Israel-Korrespondentin der taz. Tendenziös und traurig.

  • P
    PeterWolf

    Vielleicht sollten Deutschland/EU/Amerika die gesamte finanzielle Förderung Israels und der palästinensischen Gebiete solange zurückhalten, bis beide Seiten gemeinsam eine Friedenslösung gefunden und durchgesetzt haben. Die bisherige finanzielle Zuwendung scheint den Status quo ja zu zementieren.

    Ist aber wahrscheinlich nur ein antisemitischer/antizionistischer Vorschlag, weil nicht nur gegen Palästinenser gerichtet und ist deshalb nicht realisierbar.

  • IS
    IDieter Seekircher

    Erst sollten die Raketenangriffe auf Südisrael definitiv gestoppt werden, die Zugangswege für Waffenlieferungen wirksam geschlossen werden, das Existenzrecht Israels von den Palästinensern anerkannt werden, dann läge auch die Berechtigung vor gegen die Siedlungspläne Israels vorzugehen. Glas

  • DS
    Dieter Schultz

    Richtig, lieber Herr CocainRocks. Wer keinen Frieden will, wer sich um UN-Beschlüsse einen Dreck schert, wer als Grund (u.a.) angibt, wir sind seit Tausenden Jahren hier..... der kann tun und lassen was er will!Was interessiert es die israelische Regierung. Es gab einmal einen Präsidenten, der hiess Rabin. DER wollte Frieden! Ich höre schon, wie Herr Dr. Graumann sich vor Freude auf die Sxchenkel klopft.

  • E
    Edgar

    Nun ja, ich fürchte dass erst dann Frieden in den

    Nahen Osten einkehrt, wenn auch der letzte Zionist

    auf den Mond geschossen worden ist.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Es handelt sich um wenige Quadratkilometer wertlosen Wüstenboden,

    welcher seit tausenden von Jahren nicht bebaut wurde.

     

    Die ganze Hysterie ist völlig unbegründet und offensichtlich nur eine konzertierte Aktion der muslimischen Staaten und den linksdominierten sonstigen Ländern.

  • C
    CocainRocks

    Wieso sollte sich Israel an die Osloer Abkommen halten, wenn es Palästina auch nicht macht?

    Bald schon ist ganz Jerusalem von Siedlungen umgeben. Weiter machen, Israel!