Siedlung Gilo: Teil des israelischen Konsenses
Die Jerusalemer Stadtverwaltung plant Wohnungsneubau in der Siedlung Gilo. Das US-Außenamt und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sind erbost.
Mit dem Bau von 900 Wohnungen in der Siedlung Gilo bei Jerusalem lanciert sich Israel weiter ins internationale Abseits. Fast im Wortlaut verurteilten die USA, das britische Außenministerium sowie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den geplanten Neubau. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu zeigte sich überrascht angesichts der Aufregung. Das "Viertel Gilo", so fügte er hinzu, "ist integraler Teil Jerusalems".
Noch wenige Stunden vor Bekanntwerden der Baugenehmigung hatte George Mitchell, Nahost-Sonderbeauftragter des US-Präsidenten Barack Obama, die Regierung in Jerusalem ausdrücklich darum gebeten, von einem weiteren Ausbau Abstand zu nehmen. Seit Monaten versucht Mitchell in Gesprächen zwischen Washington, Ramallah und Jerusalem, die beiden Konfliktpartner Israel und Palästinenser wieder an einen Tisch zu bringen. Kein Wunder, dass die USA die Entwicklung als Affront empfinden, als unmittelbare Provokation der israelischen Regierung.
Netanjahu wies den Verdacht der Provokation von sich, erteilte jedoch seinen Ministern vorerst Redeverbot. Der israelische Regierungschef selbst sprach von einer "Routineentscheidung des regionalen Verwaltungsrats". Genau wie bei der Entscheidung über den Bau neuer Wohnviertel "in Haifa oder Tel Aviv" werde der Premierminister auch in Jerusalem nicht um seine Zustimmung gebeten.
Netanjahu macht keinen Unterschied zwischen Israel und den besetzten Palästinensergebieten, solange es sich "um das städtische Verwaltungsgebiet Jerusalems handelt". Der von ihm in Aussicht gestellte Baustopp ist auf die israelischen Siedlungen im Westjordanland beschränkt.
"Gilo ist Teil des israelischen Konsenses", sagte auch Oppositionschefin Zipi Livni (Kadima) und stellte sich hinter die Entscheidung für den Bau neuer Wohnungen. Die Siedlung, in der heute rund 40.000 Israelis leben, wurde von der Regierung 1967 annektiert und Jerusalem zugeschlagen. Die diese Woche genehmigten 900 Wohneinheiten machen nur eine erste Phase in einem Stufenplan aus, der insgesamt 4.000 neue Wohneinheiten vorsieht.
In einem Interview mit Fox News äußerte sich Obama erkennbar gereizt über den Schritt, der es erschweren würde, Frieden in der Region zu erreichen. Der langjährige palästinensi-sche Chefunterhändler bei Friedensverhandlungen, Saeb Erikat, sprach prompt von "900 weiteren Gründen, warum die Hoffnung auf eine Zwei-Staaten-Lösung und die Wiederaufnahme von ehrlichen Verhandlungen rapide nachlässt und Israel kein Partner für den Frieden ist".
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verweigert eine Wiederaufnahme der Verhandlungen, solange Israel den Siedlungsbau fortsetzt. Aus Enttäuschung über die USA, die ihm zunächst volle Rückendeckung signalisierten, dann aber doch einen Rückzieher machten, kündigte Abbas an, nicht noch einmal bei Präsidentschaftswahlen zu kandidieren. US-Außenministerin Clinton hatte jüngst die Anstrengungen Netanjahus gelobt, der sich mit dem angekündigten Baustopp im Westjordanland mehr auf die Palästinenser zubewege, als alle seine Vorgänger es je getan hätten.
Mit dem Aufschub der Wahlen im Westjordanland scheint die Gefahr eines Ausstiegs von Abbas aus der Politik zunächst gebannt zu sein, allerdings waren zwischenzeitlich auch sein Rücktritt und die Auflösung der palästinensischen Autonomiebehörde im Gespräch.
Saeb Erikat stritt gestern ab, dass die Palästinenser alternativ eine einseitige Staatsausrufung planten. "Wir werden unseren Staat nicht ausrufen", versicherte er gegenüber Journalisten. Netanjahu hatte in den vergangenen Tagen mit "einseitigen Maßnahmen" gedroht, sollten die Palästinenser ihrerseits einen Alleingang unternehmen.
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