Siebtes Kind von Nazi-Eltern: Wulff will Ehrenpate bleiben

Lokalpolitiker sträuben sich, doch der Bundespräsident bleibt dabei: Christian Wulff übernimmt die Ehrenpatenschaft eines Kindes von Nazi-Eltern aus Mecklenburg-Vorpommern.

"Das Kind steht im Mittelpunkt": Bundespräsident Christian Wulff (CDU). Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Urkunde für die Ehrenpatenschaft hat der Familie nun das Bundespräsidialamt zugesendet. Trotz Widerstand aus der Lokalpolitik und öffentlicher Kritik behält Bundespräsident Christian Wulff (CDU) die Ehrenpatenschaft für das siebte Kind der rechtsextremen Eltern Marc und Petra Müller. "Das Kind stehe im Mittelpunkt" ließ Wulff von einer seiner Sprecherin erklären.

Seit Wochen schwelte in der mecklenburg-vorpommerischen Gemeinde Lalendorf wegen dieser Ehrung ein anhaltender Konflikt. Mit breiter Rückendeckung aus der Gemeinde hatte Bürgermeister Reinhard Knaack (Linke) die Urkunde und das Geldgeschenk von 500 Euro nach Berlin zurück gehen lassen. "Wir wollen diese Eltern nicht hofieren", sagte Knaack der taz.

Denn im Landkreis Güstrow ist das rechtsextreme Engagement der Müllers bei der mittlerweile verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" bekannt. Ebenso, dass Marc Müller der rassistischen "Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung" vorsteht, und Petra Müller die NPD-Unterorganisation "Ring Nationaler Frauen" mitgegründet hat.

Auch Krakows Amtsvorsteher Wilfried Baldermann (CDU) sagte zu Pressevertretern: "Wir können uns nicht gegen die rechte Kultur in Schulen und Projekte engagieren, und dann solchen Leuten Ehrungen überbringen." Aus dem Landtag lobte SPD-Fraktionschef Norbert Nieszery den Bürgermeister per Brief für seine "Zivilcourage". Den Brief unterschrieben auch Torsten Renz (CDU), Fritz Tack (Linke) und Ralf Grabow (FDP) - alles Abgeordnete aus dem Wahlkreis.

Nieszery forderte, dass der Bundespräsident die Ehrung zurückzieht. Diese Forderung lehnt Wulff ab. In einer knappen Mitteilung betont der Bundespräsident, dass es allein um das Kind gehe, und dass alle aufgefordert seien, "für ein Klima zu sorgen, in dem Kinder demokratisch erzogen werden".

Schon bei der Rücksendung der Urkunde hatte Knaack erklärt, dass mit der Weigerung der Überreichung nicht die Kinder benachteiligt werden sollten. Die Kinder der Familie Müller dürften in der Gemeinde nicht ausgegrenzt werden.

Rainer Becker, Vorsitzender der Deutschen Kinderhilfe Mecklenburg-Vorpommern e.V., und Nieszery betonten in einer gemeinsamen Erklärung, sie seien sich einig, "dass dem Kind von Familie Müller keine materiellen Nachteile" entstehen dürften. Zuvor hatte Becker das Verhalten der Gemeinde kritisch hinterfragt.

Becker und Nieszery erklärten jedoch auch, dass sie eine Unterscheidung zwischen Eltern und Kind in diesem Fall unglücklich finden. Das Geld soll das Kind erhalten, empfehlen sie, schreiben aber sogleich, dass die "Übernahme einer solchen Patenschaft" auch eine "Auszeichnung insbesondere der Eltern" sei. Eine Ehrung von Eltern, die laut dem Verfassungsschutz "nicht auf den Boden der freiheitliche demokratischen Grundordnung stehen" wäre jedoch "niemanden vermittelbar". Sie befürchten außerdem, dass die Ehrung dazu benutzt werden könnte, rechtsextreme politische Ziele "zu verharmlosen und hoffähig zu machen".

Die getroffene Entscheidung des Bundespräsidenten respektiere Nieszery nun, sagt die Pressesprecherin der SPD-Fraktion der taz. Er wolle sie aber nicht weiter kommentieren. Die rechtsextreme Szene lobt längst Wulffs Ehrenpatenschaft. "Güstrower Demokartenbande vorgeführt", heißt es bei dem NPD-nahen Internetportal "MUPINFO".

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